Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Danach, etwa am 14.11.1941, wurden die Frauen abgeholt, auf dieselbe Weise. Sie wurden in die Synagoge im Zentrum getrieben. Es war ein sehr großer Holzbau. Früher war dort ein Lager gewesen, es wurde dann geplündert. Als wir wieder da waren, stand sie (die Synagoge) leer und da waren Fässer und Gerümpel.
  2. Die Frauen wurden da hineingetrieben. Dann wurden sie überraschend freigelassen. Der Grund dafür war: Der Sommer war auch 1941 heiß und im Zentrum (von Krasnopolje) standen nur Holzbauten. Ein Funke hätte ausgereicht, um alles in die Luft zu jagen. Da befanden sich auch die deutsche Verwaltung, verschiedene Behörden. Und sie begriffen… Zunächst hatten sie vor, die Frauen in der Synagoge zu verbrennen, man kann sich davon keine Vorstellung machen.
  3. Wenn jedoch alles in Brand gesteckt worden wäre, hätte das ganze Städtchen Feuer gefangen. Sie ließen von dieser Untat ab, und meine Mama kam (noch einmal) zurück. Einige Tage später wurden die Frauen wieder abgeholt. Es gab eine Razzia, die Straße wurde wie üblich von der weißrussischen Polizei umstellt. Es waren junge Männer und viele da (im Ghetto) erkannten sie, sie waren ja aus dem Ort. Und wir, mehrere Familien aus Propojsk, kannten sie nicht. Wir kannten so gut wie keinen da.
  4. Und die (Einheimischen) erkannten ihre eigenen Nachbarn. Die Frauen wurden auch (weg) getrieben und sie wurden (im Sowchos) neben den Männern bei lebendigem Leibe verscharrt. Wie die Bevölkerung erzählte, hätte es wenige Schüsse gegeben. Und die Erde über ihnen (bewegte) sich auch einige Tage. Wir wussten (erst) nichts davon, schließlich wurde uns gesagt: „Sie gehen arbeiten.“
  5. Es dauerte bis zum 28.11., dann waren nur noch Kinder da. Die Häuser waren voller Kinder, woher sie alle kamen, weiß ich nicht. Und es waren noch (wenige) Männer da. Schuster, deren Genossenschaft sich am Rande (der Stadt) befand.
  6. Und ein Schmied, der Jewssej oder Moissej hieß, glaube ich. Er hatte eine Schmiede und arbeitete sein Leben lang da. Er war um die 50 und korpulent. Später veränderte er sich… Er verlor den Verstand.
  7. Noch einige andere Männer waren da. Plötzlich tauchte einer aus Propojsk auf, der schon bei der Armee gewesen war. Er hieß Rachmil Lewin. Er war in Kriegsgefangenschaft geraten und suchte nach seiner großen Familie.
  8. Sie hatte es aber geschafft wegzugehen, ich traf sie nach dem Krieg. Er kam auf der Suche (nach ihnen) dahin, danach war er weg und kam nicht mehr zurück, irgendwo kam er ums Leben. Also: So kamen die Frauen um und am 28. November die Kinder.