Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. So bin ich zu Fuß über Kiew Richtung Fastow. Ich kam in ein Haus in Fastow, wo viele Männer waren, ehemalige Kriegsgefangene… Oder sie waren eingekesselt, jedoch noch nicht in Gefangenschaft gekommen. Ich hatte jedenfalls Befürchtungen, ging am Morgen weg und fuhr mit dem Zug über Belaja Zerkow nach Bobrinsk. Danach ging es nach Snamenka.
  2. Da bat ich mitfahren zu dürfen – im Zug, der die deutschen Soldaten an die Front transportierte. Die Soldaten nahmen mich mit, setzten mich in eine Ecke und schirmten mich mit einem Vorhang ab. So kam ich nach Pjatichatki. Unterwegs gaben sie mir sogar zu essen. Sie versteckten mich wahrscheinlich vor ihrem Offizier.
  3. Ich stieg aus, an der Eisenbahnlinie standen Häuser. Da bat ich übernachten zu dürfen. Eine Frau ließ mich und ich blieb unter der Bedingung die Wohnung zu heizen. Sie zeigte es mir und ich kapierte das schnell. Ich ging meiner Verpflichtung nach und alles war (gut). Da waren drei Schwestern, eine lebte im Dorf und zwei hier.
  4. Im Haus befanden sich auch viele Flüchtlinge, kurz gesagt, alle waren zufrieden. Sie (die Frau) vermittelte mir eine Beschäftigung bei ihrem Bekannten bei der Eisenbahn: Schnee räumen usw. Ich nutzte das aus und brachte Brennstoff ins Haus. Und so… Es gab noch eine Geschichte Ostern 1942. Die Frau (aus Pjatichatki) sagte zu mir: „Geh zu dem und dem Haus und sag, ‘Christus ist auferstanden.’ Die Frau da wird dir etwas geben.“
  5. Bis ich da ankam, hatte ich (jedoch) die Worte vergessen. Und ich sagte drauflos: „Jesus Christus.“ Sie (die Frau dort) verbesserte mich und ich dachte, die Sache sei damit erledigt. Das war aber nicht der Fall. Ihr Sohn war Polizist bei der Eisenbahn, sie erzählte ihm davon, und später bekam es auch meine Hausherrin mit. Und sie sagte: „Was hast du da bloß gesagt?“
  6. Ich sagte: „Bei uns kennt man das nicht, und ich (kenne es) auch nicht.“ Gut, es war so und ich wurde woandershin geschickt. Kurz gesagt, ich wohnte in Pjatichatki an mehreren Orten und überall begann man gegen mich Verdacht zu schöpfen. So musste ich weg. Ich hatte dort andere Jungs kennengelernt. Ljonja Schub, in meinem Alter, erzählte mir über seinen Bruder, der bei den Partisanen oder so gewesen wäre. So beschlossen wir, die Frontlinie zu passieren.
  7. 1942 verlief sie am Sewerskij Donez, bei Kramatorsk. Wir gelangten dahin, als gerade die „Krasnodon-Leute“ gejagt wurden, wir gerieten also in einen Hexenkessel hinein. Die Frontlinie verlief am Sewerskij Donez, noch etwa 20 Kilometer hinter Kramatorsk. So entschieden wir uns, nicht hin zu gehen und fuhren nach Pjatichatki zurück. Und ich blieb da bis… Bis zur (Nacht) vom 16. auf den 17. September 1943.