Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Mein Mann und ich haben uns kennengelernt, als ich 20 war. Seine Cousine wohnte in unserem Haus, und in der Schule waren sie und ich in einer Klasse. Einmal, Naum war schon vom Militärdienst zurück, haben wir uns zufällig dank seiner Cousine kennengelernt. 1956 haben wir geheiratet und es begann unser Familienleben.
  2. Die Eltern von Naum kamen 1923 nach Leningrad. Sein Vater hatte am Bürgerkrieg in Russland teilgenommen und eine Verwundung und Quetschung erlitten. Seine Mama arbeitete ein wenig als Näherin. Nach Leningrad kamen sie auf der Suche nach Arbeit, denn in den weißrussischen Kleinstädten war es mit der Arbeit sehr schwierig.
  3. Sie haben geheiratet, 1924 wurde der älteste Sohn geboren und 1931 der zweite. Der Vater arbeitete, glaube ich, eine Zeitlang am Seehafen. Und die Kinder – Naum konnte vor dem Krieg die zweite Klasse abschließen und sein Bruder die neunte. Er war ein sehr begabter Junge und weckte große Hoffnungen.
  4. Dann aber begannen der Krieg und die Blockade und er starb im April 1942 an Hunger. Der Vater war an der Front, die Mutter und der Sohn (Naum) wurden 1942 evakuiert, denn seine Mama war schon sehr schwach. Sie wurden über den Ladogasee evakuiert. Da ertranken viele Leute während der Luftangriffe. Sie konnten aber überleben, obwohl die Mama sehr krank war. Nach der Ankunft auf dem anderen Ladogasee-Ufer erhielt man als Erstes zu essen. Viele konnten sich nicht beherrschen und damit aufhören, sie aßen alles auf einmal. Infolgedessen wurden sie krank und starben auch.
  5. Naums Mama konnte aber überleben und sie wurden nach Perm transportiert, das ist fast in Sibirien, am Ural. Dort kamen sie etwas zu Kräften. 1945 oder Anfang 1946 kehrten sie nach Leningrad zurück. Naum ging noch zur Schule, musste aber seine Mama unterstützen. Er war bereits 16 Jahre alt und statt die Schule abzuschließen, ging er arbeiten. Danach besuchte er eine Abendschule, wie sie für junge Leute eingerichtet wurden. Dann zog man ihn zur Armee ein. Und es begann (schließlich) ein normales Familienleben.