Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Unsere Freunde, die drei Jahre früher als wir einwanderten, schrieben uns auch Briefe und riefen uns an. Sie erzählten, sie würden zu kostenlosen Ausflügen von der Caritas eingeladen, und wie rührend, wenn man das so sagen kann, das Verhältnis der Deutschen zu den Juden ist. (Hatten wir) große Erwartungen? Ich weiß nicht… Allerdings dachten wir, dass wir die ganze Familie in Deutschland versammeln könnten. Das stellte sich aber als praktisch unmöglich heraus.
  2. Unsere Freunde lebten bereits in Dortmund. Nach der Ankunft in Unna-Massen baten wir darum, uns ebenfalls nach Dortmund zu schicken. So kamen wir her, zum Glück. Und wir sind sehr zufrieden. Der erste Eindruck von Deutschland war erschütternd. Die Fenstervorhänge sind so verschiedenartig, Blumen und Sauberkeit auf den Straßen, wir waren – kann ich sagen – etwas erstaunt. Ja, und so viel Grün.
  3. Uns wurde ja eingeflößt: In Deutschland und besonders an der Ruhr gäbe es keine Bäume, alles sei verrußt, da würde nur Kohle gefördert und man hätte keine Luft zum Atmen. Nach der Ankunft sahen wir aber, dass das völlig anders ist; da haben wir auch gestaunt. In Unna-Massen hielten wir uns drei Wochen auf. Danach wurden wir nach Dortmund gebracht und wohnten sechs Monate im Wohnheim. Dann fanden wir diese Wohnung und begannen uns einzurichten, uns an ein normales Leben zu gewöhnen.
  4. Das Alter zeigt sich natürlich. Doch immerhin sind wir zufrieden. Wären wir in Russland geblieben, dann würde Naum (wegen seiner Erkrankung) wohl nicht mehr unter den Lebenden weilen. Solche Bedingungen (wie hier) und so eine medizinische Versorgung hätten wir dort nicht finden können. Das wäre weder finanziell noch medizinisch möglich gewesen.