Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Wir studierten hier und dort. Ich war in Moskau, und als (meine Frau) mit dem Studium fertig war, kam ich in den nächsten Ferien und nahm sie mit nach Moskau. Sie wohnte da zuerst bei ihrer Cousine. Dann bekamen wir 1940, nein, 1941 bekamen wir ein Kind. Ich erhielt ein Zimmer in der Akademie und wir wohnten zusammen in diesem Zimmer. Ich studierte weiter, sie konnte wegen des Kleinkindes nicht einmal an Arbeit denken.
  2. Uns reichte, was ich bekam, und wir bezogen eine Zusatzunterstützung. So lebten wir da bis Kriegsausbruch, genauer bis Juli 1941. Denn Moskau wurde schon bombardiert, wir beide gingen dann jede Nacht mit dem einen Monat alten Baby in den Keller. Und natürlich die Verdunkelung, wir schlossen die Fenster usw. Im Juli wurde an der Akademie schon beschlossen: Alle Frauen mit Kindern bis zu drei Jahren werden aus Moskau evakuiert.
  3. Im Juli 1941 brachte ich sie mit dem Baby zum Zug. Sie wurden in das Gebiet Gorkij transportiert, Siedlung Shurawlicha. Dann kam der Winter, es war kalt, die Heizungsfrage war dort kaum geregelt. Das Baby erkältete sich, dann bekam es eine Lungenentzündung. Medizinische Hilfe gab es nicht, auch keine Medikamente. Denn von Shurawlicha waren es 30 km bis zum Kreiszentrum. Das Kind starb 1942. Ja, so war es…
  4. Nach dem Tod des Kindes blieb sie noch in der Evakuierung. Sie schrieb mir, dass sie in dieser Evakuierung nicht leben könne. Eine freie Einreise nach Moskau war nicht möglich, nur mit einer speziellen Genehmigung. Ich hatte aber im Regiment einen guten Freund, Iwan Rodionow, der Chef vom Verpflegungsdienst. Und er hatte eine gute Bekannte im Sekretariat von Molotow.
  5. Oder war es schon Kossygin? Kurz gesagt, sie regelten das, und meine Frau erhielt einen persönlichen Brief aus dem Kreml: „Der Bürgerin soundso wird erlaubt, nach Moskau einzureisen.“ Ich war verhindert, und mein Ordonnanzsoldat brachte sie aus Gorkij nach Moskau. Sie wurde dann beim medizinischen Dienst der Moskauer Metro eingestellt. Sie arbeitete da als Zahnärztin, unter anderem an der Metro-Station „Sokol“.