Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Wie schon gesagt: Als die Kriegshandlungen auf die Ukraine übergingen, im Juni oder Juli, ehrlich gesagt weiß ich es nicht genau, da gingen wir in die Evakuierung und fuhren zunächst mit einem Lkw nach Kiew. Und von Kiew aus fuhren wir in sogenannten „Tepluschki“, das waren Güterwagen mit Pritschen. Leider dauerte die normalerweise etwa einwöchige Fahrt für uns monatelang.
  2. Was prägte sich meinem Gedächtnis ein: Während der Zugfahrt gab es einen Luftangriff, die Flugzeuge schossen auf den Zug und warfen Bomben ab. Alle verließen die Wagen. Meine Mutter warf mich auf den Boden und schützte mich mit ihrem Körper. Das blieb mir für immer im Gedächtnis, mein ganzes Leben.
  3. Wir waren sehr lange unterwegs. Die Evakuierung begann wohl im Juni, und als wir nach Taschkent kamen, war es wahrscheinlich schon Winter oder Spätherbst. In Taschkent arbeitete meine Mutter als Strickerin zu Hause. Sie bekam das Garn und strickte zu Hause. Und Papa arbeitete in einem Lager. Wir Kinder alle… Evakuiert wurden vier Kinder. Der älteste Bruder, Jahrgang 1921, wurde noch vor dem Krieg eingezogen und war die ganze Kriegszeit an der Front. Er kam erst 1946 zurück.
  4. Während der langen Evakuierung wurde meine jüngere Schwester im Wagen krank. Wir mussten (die Fahrt) unterbrechen, und sie starb im Krankenhaus. Sie war etwas über ein Jahr alt. Daher waren wir, als wir in Taschkent ankamen, zu dritt: der Bruder mütterlicherseits, die Schwester väterlicherseits und ich. Als Mama Heimarbeit machte, hielten wir das Garn so und wickelten es zu Knäuel um, damit Mama stricken konnte. So lebten wir in Taschkent bis 1944.