Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Am 22. Juni, um vier Uhr morgens, hörten wir Bomben explodieren. Am Himmel flogen Flugzeuge, und ich dachte, das seien die sowjetischen, sie würden Manöver fliegen. Keiner dachte an Krieg, wir kannten uns in der Politik nicht aus.
  2. Um vier Uhr ging ich nach draußen. Wir waren nur 30 Kilometer entfernt von der neuen rumänischen Grenze am Fluss Pruth… Rumänien war mit Deutschland verbündet, und die deutschen Truppen standen schon am Pruth, um in Bessarabien einzumarschieren, zusammen mit den rumänischen.
  3. Hier brach eine sehr schwere Zeit an. Mein Bruder musste damals zur Armee, aber bei ihm wurde ein Leistenbruch festgestellt. Er kam ins Krankenhaus, um operiert zu werden. Aber bereits am ersten Kriegstag hieß es, die Kranken müssen von den Verwandten abgeholt werden, es gab ja viele Verwundete und Tote. So mussten wir den Bruder auf einer Tragbahre nach Hause schleppen. Wir wohnten in dieser Zeit im Keller: vom 22. (Juni) bis zum 6. Juli, als wir evakuiert wurden.
  4. Wir hatten große Angst vor der Sowjetmacht, wir kannten ihre Regeln und Gesetze nicht, wir waren absolut ahnungslos. Wir hatten ja in Rumänien gelebt. Kaum genesen, meldete sich mein Bruder beim Kriegskommissariat, er kämpfte dann die ganze Kriegszeit, sogar bis 1946. Er wurde in den Krieg gegen Japan geschickt, dann aber zurück beordert. Davor war er in Königsberg, den ganzen Krieg über bei der Infanterie.