Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Mein Vater wurde in Wilna geboren. Ich sage „Wilna“, denn „Vilnius“, das ist 1940. Davon werde ich auch erzählen. Er wurde in einer Handwerkerfamilie geboren, sein Vater war Kürschner, er arbeitete mit Pelz. Sie lebten ziemlich karg, waren aber nicht arm. Wie Sie wohl wissen, wurde Wilna „litauisches Jerusalem“ genannt. Viel später bekam ich zwei Bände in die Hände, ein Buch „Litauisches Jerusalem“.
  2. Darin fand ich ein Foto von der „Pelzverarbeitung der Porudominskis“. Das war aber nicht mein Großvater, der starb vor meiner Geburt. Das waren die Brüder meines Vaters. Der jüngste Bruder war sehr begabt, er war Maler und studierte vor dem Ersten Weltkrieg in Paris. Später übernahm er die Pelzverarbeitung und… Ich bin da inkompetent.
  3. Er führte die Methode ein, aus kleinen Pelzstücken mosaikartige Pelzteppiche herzustellen. Darauf waren Bilder, Teppich-Gemälde. Diese Teppiche waren neben seinen anderen Arbeiten sehr gefragt. Das rettete ihm und seiner Familie das Leben für weitere zwei Jahre. Als während des Krieges alle im Ghetto waren, arbeitete er in der Fabrik Kailis. Er gehörte zur Leitung dieser Pelzfabrik, die für die deutsche Armee arbeitete.
  4. Er wurde auch wegen seiner Teppiche geschätzt. Diese Teppiche waren in einem Jagdschloss von Göring und noch bei jemand anders aus der Führung des damaligen Deutschland. Die Signatur gab an, sie seien von einem polnischen Meister hergestellt worden, der auch in dieser Fabrik arbeitete. Jedenfalls konnten sie noch bis zu zwei Jahre überleben. Die ganze Familie meines Vaters kam nur wenige Tage vor der Befreiung von Wilna um.