Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Als der Krieg ausbrach… Ich erinnere mich an den Luftschutzraum in diesem schönen Gebäude mit den glänzenden Kacheln. Man wollte sich irgendwo verstecken, es war sehr schrecklich. In dieser Zeit war mein Bruder aber in ein Mädchen verliebt, irgendwie blieb mir das im Gedächtnis; man konnte diese Liebe im Luftschutzraum sehen. Mein Vater war wohl schon zu alt, sodass er nicht einberufen wurde.
  2. Mein Vater war wohl schon zu alt, sodass er nicht einberufen wurde. Daher schickte man ihn zum Volksaufgebot, zum sogenannten „Jägerbataillon“, es unterstand dem Kriegskommissariat. Dann wurde beschlossen uns zu evakuieren. Viele wollten das nicht, Papa machte sich aber große Sorgen und an meinem Geburtstag… Ich weiß noch, als wir gingen, fielen Bomben, und ich wollte mich bücken, irgendwie verstecken. Wir eilten zu einem Lkw mit Planen.
  3. Wir wurden verladen und fuhren ab. Leider war mein Vater schon weg, und wir konnten uns nicht von ihm verabschieden. Er wollte noch wissen, ob wir mit dem Zug fortfahren können. Die erste Strecke sollte nach Charkow führen, wo Mama viele Verwandte hatte. Man dachte: „Vielleicht reicht das schon, für die erste Zeit.“ Wir fuhren lange mit dem Lkw, der Fahrer schaute herein, fragte „Lebt ihr noch?“ und gab den Kindern Zucker. Dann kamen wir zu einer Eisenbahnstation, vielleicht war es Potoki bei Krementschug. Da stand ein Zug und wir versuchten einzusteigen.
  4. Wir gingen so wie wir waren, hatten absolut nichts mitgenommen. Da stand ein Zug, wo wir nicht einsteigen durften. Er wurde von Soldaten bewacht. Mama hatte dafür gesorgt, dass die Familie ihrer Schwester mitfährt, die auch zwei Kinder hatte. Meine Cousine war 18. Sie war sehr hübsch und sprach mit dem Leutnant, sodass wir einsteigen durften.
  5. Die Wagen waren absolut leer. Warum die Leute nicht hineingelassen wurden, wusste keiner. In diesem Wagen kamen wir nach Charkow. Dort wohnten wir bei unserer Tante. Die Gegend wurde heftig bombardiert, weil ein Kraftwerk in der Nähe war. Wir hatten Angst. Ich weiß nur (noch), da war eine Oma, die Schwiegermutter meiner Tante… Die Tante versteckte uns kleine Kinder im Sofa.
  6. Da war auch ein kleines Mädchen, 1939 geboren. Sie war sehr niedlich und starb leider während der Evakuierung. Meine Mama riskierte, aus Charkow nach Krementschug zurückzukehren, um Papa zu sehen. Sie nahm (von dort) irgendwelche Sachen mit. Es war furchtbar, doch sie ließ uns in Charkow alleine zurück und nahm in Krementschug Abschied vom Vater. Sie brachte einen Sack mit Sachen mit. Dank dieser Sachen hatten wir während der Evakuierung etwas zu essen.