Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Noch eine Sache: Die Besatzung war noch nicht von langer Dauer, und die Frauen sahen noch weiblich aus. Die Polizisten nutzten das aus. Sie riefen eine junge Frau: „Komm her!” Wenn sie sehr hübsch war, sagte der mit dem Feldstecher: „Nein, das ist meine Frau!” Er nahm sie mit. Und das galt noch als Glück, denn der SS-Mann missbrauchte die Frauen alleine. Die Ukrainer machten das auch zu zweit oder zu dritt. Die Frau kam dann ganz gekrümmt heraus, sie war total gebrochen.
  2. Ich erzähle noch von einem schrecklichen Fall. Da war ein Mädchen namens Sofa. Alle fanden sie schön, sie war 16, vielleicht etwas älter. Sie schleppte wie alle Sand auf einer Bahre zusammen mit ihrer Mutter. Weil sie schön war, war ihr Gesicht mit Kohle geschwärzt. Der lange Zopf wurde ihr abgeschnitten und gegen zwei Eimer Kartoffeln getauscht.
  3. Übrigens, den Sand und die Steine brachten die Ukrainer zur Baustelle. Und die Deutschen, die da geblieben waren. Zu Beginn des Krieges wurden alle deutschen Männer deportiert, es blieben nur die Frauen da. Aber vielen Männern gelang es zu bleiben. Sie und die Ukrainer brachten das Baumaterial.
  4. Sie behandelten uns menschlich, gaben uns gekochte Kartoffeln und Mais, besserten unsere Ernährung etwas auf. Also, dieses Mädchen gefiel einem Polizisten. Er schlug ihre Mutter, packte das Mädchen am Arm und wollte sie wegschleifen. Ihre Mutter packte ihn auch am Arm und versuchte ihn zurückzuhalten.
  5. Ihr war aber klar, dass er stärker ist. So griff sie ihn an, es kam zu einer Prügelei. Das Mädchen lief weg, wir sahen sie nie wieder. Der Bauabschnitt war ein Kilometer lang, sie lief zu einer anderen Gruppe. Die anderen Polizisten liefen herum und tranken Selbstgebranntes, sie kriegten zuerst nicht mit, dass hier gekämpft wurde.
  6. Dann sahen sie, dass ein Polizist auf dem Boden liegt und auf ihm eine Frau. Sie traten und schlugen sie mit Gewehrkolben. Sie hoben ihn auf, er war ganz blutüberströmt. Er wurde mit dem Pferdewagen zur deutschen Truppe gefahren, da war ein Arzt. Die Frau wurde so zusammengeschlagen, dass sie dann im Ghetto starb.