Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Meine frühen Wurzeln kenne ich nicht. Denn dann kam der Krieg. Wäre ich damals schon erwachsen gewesen, hätte ich das gewusst. Ich bin aber mit 14 Waise geworden. Mein Vater fiel an der Front im „Vaterländischen Krieg“. Das war in den Vorkarpaten, er ist da begraben. Er fiel bei einer Brücke über dem Fluss Worona in der Siedlung Krasnaja Slobodka.
  2. Damals war es im Kreis Otynija, heute ist das Dorf Tysmenzy das Kreiszentrum. Die Gefallenen wurden auf der Stelle begraben, später nach dem Krieg wurden alle nach Tismenzy überführt. Ich war da im Kriegskommissariat und man erzählte mir, wie mein Vater gefallen war. Meine Mutter starb nach dem Krieg.
  3. Bei uns herrschte schlimme Hungersnot – in der Ukraine und u.a. im Gebiet Winniza. In der Westukraine gab es Ernten, dort war es nicht so schlimm. Bei uns aber… Morgens sah man auf der Straße Leute liegen, die bereits tot waren. Man starb am Hunger quasi im Gehen. Das war eine schreckliche Zeit, ich weiß nicht, wie wir das überleben konnten.
  4. Wir waren vier Kinder, ich der Älteste. Ich wurde 1932 geboren, nach mir, 1936, der Bruder Mitja. Dann kam die Schwester Shenja, geboren 1939. Beide kamen im Dezember auf die Welt. Und bereits im Ghetto 1942 wurde die jüngste Schwester Faina geboren.