Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Mein Vater wurde verhaftet. Einen Monat später wurden wir aus der Wohnung herausgeworfen. Meine Mutter und ich bekamen stattdessen ein kleines Zimmer, acht Quadratmeter, geheizt wurde mit einem Ofen. Es gab keine Annehmlichkeiten, keine Badewanne. Es lag sehr weit weg, im Hafen. Der Stadtteil war noch nicht wohnlich.
  2. Ich war in der 9. Klasse, als mein Vater verhaftet wurde, das war zu Beginn des Schuljahres. Ende des Schuljahres wurde meine Mutter verhaftet. Das ganze Schuljahr über besuchte ich die Gefängnisse und konnte natürlich nicht lernen.
  3. Mein Leben verlief dann zwischen zwei Gefängnissen. Ich ging in Vaters Gefängnis, da durfte ich 50 Rubel für ihn abgeben. Ich bekam eine rosa Quittung, aber ohne seine Unterschrift. Ich ging auch in Mutters Gefängnis, wo die Sachen angenommen wurden.
  4. Da bekam ich Quittungen mit ihrer Unterschrift, sie bestätigte, dass sie die Sachen erhalten hat. An beiden Orten gab es Wartelisten, man bekam eine Nummer und musste sich einen ganzen Monat lang (immer wieder) melden. Die letzte Nacht musste man (ganz) da verbringen, sonst (kam man) nicht herein.
  5. Zunächst ging ich zum Vater. Man nahm das Geld für ihn sogar dann noch an, als er bereits erschossen war. Wir erfuhren erst später davon. Damals sagte man uns: zehn Jahre Haft ohne das Recht auf Korrespondenz. Meine Mutter konnte ich vor ihrer Abreise (in die Verbannung) noch sehen.