Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Ich kam nach Nowosibirsk… Ich hatte so einen Rucksack dabei, „Sidor“ genannt. Und ein Kissen, das hatte ich von der Bäuerin. In Sibirien hatte ich Filzstiefel bekommen und von den Schülern gestrickte Strümpfe. Im Hospital in Krasnojarsk wurde ich mit einem alten Rock entlassen, der bald hinten ein Loch hatte. Ich hatte nichts zu flicken und immer den Mantel an und sagte, ich hätte Malaria.
  2. Die Stiefel der Größe 44 trug ich mit Wickelgamaschen. Deswegen bekam ich da etwas zum Anziehen. Ich kam nach Nowosibirsk und gab meinen Rucksack bei der Gepäckaufbewahrung ab. Ich ging zur Philharmonie. Denn ich wusste aus den Zeitungen, dass die Leningrader Philharmonie und das Puschkin-Theater da sind.
  3. Ich hoffte, jemanden in der Philharmonie zu treffen. In der Tat traf ich eine Mitschülerin, die mit dem Theater-Institut da war. Sie waren in den Kaukasus evakuiert worden, mussten dann ganz schnell flüchten und kamen nach Nowosibirsk. Da wurde ein Opernhaus gebaut, wo sie wohnten.
  4. Nach dem Konzert ging ich zu ihr, ein großer Raum mit Etagenbetten. Sie schlief oben, es gab einen kleinen Vorhang, denn Männer und Frauen wohnten zusammen. Eine Zeit lang schliefen wir zu zweit in ihrem Bett. Ich suchte nach einer Arbeit mit Unterkunft und traf dabei noch einen „Gerechten“ (der mir half).
  5. Ich fand so eine Arbeit in einer Vorstadt auf dem anderen Ufer des Ob. Das war eine wunderbare Berufsschule. Da lernten Kinder aus allen besetzten Gebieten der Sowjetunion: Lettland, Litauen, Estland, Kursk, Orjol und Odessa.
  6. Sie waren nicht nach Alter, sondern nach Gebieten eingeteilt, zusammen mit ihnen waren Erwachsene, ihre Landsleute. Wurden ihre Gebiete (wieder) befreit, so fuhren die Gruppen heim.