Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Dann (1988) wurde „Memorial“ gegründet. Schauen Sie, das ist mein Mitgliedsausweis. Ich hüte ihn sorgsam, weil darin steht: Beitrittsdatum ist die Gründungskonferenz. Das war die allererste Konferenz, auf der die Gründung von „Memorial“ beschlossen wurde. Und ich war von Anfang an dabei.
  2. Die ersten zwei Jahre hatten wir keinen eigenen Raum. Ein Kulturhaus nahm uns auf, wir durften da einen Tag in der Woche arbeiten. Wir trafen uns wöchentlich und was ich da machte… Erstens erstellte ich jede Woche die Zeitung, sie war interessant. Da hatte man geplant, Datschas und usw. zu bauen, die Baustoffe wurden schon herbeitransportiert.
  3. Ich machte einen großen Aushang, jeder konnte leere Blätter nehmen, etwas draufschreiben und sie da anbringen. Daraus entstand eine Wochenzeitung. Außerdem kämpften wir in dieser Zeit um Lewaschowo. Lewaschowo ist eine Vorstadt von Leningrad, es ist bewiesen, dass dort Massengräber sind.
  4. Ich habe Fotos von unserem ersten Besuch da… Es gab da Wachhunde und eine Lagerhalle für Baustoffe. Die ersten Fotos sind ergreifend. Also, Lewaschowo (der Einsatz für ein Memorial dort), das war auch meine Arbeit. Ich tat noch einiges für die historische Kommission, obwohl ich nicht viel Ahnung hatte und mir die Erfahrung fehlte.
  5. Wir machten große Kundgebungen, ich habe Fotos dazu. Wir hatten eine Tradition, die es auch heute noch gibt: Am 30. Oktober, am Tag der politischen Häftlinge, lassen wir Kränze hinab in die Newa. Gegenüber liegt das Kresty-Gefängnis. Als Sobtschak Oberbürgermeister wurde, war Putin in seinem Team. Putin stellte seine Leute, die Tschekisten, an die Spitze der Stadtbezirke.
  6. Im Petrogradskij Bezirk war der Verwaltungschef ein Mann, der unsere „Memorial“-Mitglieder in den 1970er-Jahren verhört hatte. Natürlich gab es dann Protestaktionen vor Smolnyj usw. Welches Ende sie nahmen, das ist natürlich eine andere Sache. Also, wir entwickelten verschiedene Aktivitäten, Veranstaltungen usw.
  7. Ich machte so viele Sachen bei „Memorial“, dass sie (hier) aufzuzählen (zu viel wäre). Es gab sehr viel alltägliche Arbeit. Ich war nicht nur Mitglied der historischen Kommission, sondern der sozialen Kommission und der Lewaschowo-Kommission. Meine Kinder waren schon weg, ich blieb alleine zurück. Die Schule hatte ich schon verlassen. Meine ganze freie Zeit arbeitete ich selbstverständlich für „Memorial“.
  8. Dann wurden die Archive geöffnet und ich arbeitete in den Archiven. Zu schreiben begann ich nach dem Besuch der BBC-Journalisten (1989). Ich hatte früher irgendwie nicht daran gedacht, hatte aber auch kein Material. Mein Bruder starb 1959, meine Mutter überlebte ihn. Aber sie war fast sieben Jahre bettlägerig, sodass ich für nichts anderes Zeit hatte. Kurz gesagt, ich begann erst später zu schreiben und darüber nachzudenken, nachdem der BBC-Besuch mich angefeuert hatte.