Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Der Vater schaffte es, nach Odessa zu kommen. Wie das kam, das lässt sich kaum erahnen. Er war nicht wehrpflichtig. Da alle jungen und älteren Männer im wehrpflichtigen Alter ergriffen wurden, geriet er vermutlich auch in diese Razzien. Er war aber von der Wehrpflicht befreit, weil er bereits in jungen Jahren am Magen operiert wurde, er hatte ein Magengeschwür.
  2. Zweidrittel seines Magens waren entfernt worden. Aus diesem Grund wurde er als untauglich eingestuft. Unter Schwierigkeiten kam er nach Odessa, als wir nicht mehr da waren. Er las alle Telegramme, die die Mutter unterwegs abgeschickt hatte. Das letzte war von der Station Krotowka.
  3. Wie durch ein Wunder konnte er Odessa wieder verlassen. Odessa war damals praktisch bereits belagert. Es wurde 73 Tage lang belagert, ein- und ausreisen konnte man nur über das Meer. Es lief die Evakuierung der Betriebe mit ihren Angestellten. Evakuiert wurden natürlich die großen Werke und Fabriken. Mein Vater konnte nicht damit rechnen, dass ihm amtlich erlaubt wird, sich zu evakuieren.
  4. Wie durch ein Wunder gelang es ihm, am Anleger auf ein Schiff zu kommen. Er sprang an Bord, obwohl das riskant war: Da standen Wachposten, es war schließlich Krieg. Aus Odessa mit dem Schiff entkommen, fuhr er weiter mit dem Zug bis zur Station Krotowka. Da las er die Anzeige mit dem Namen des Dorfes, wo wir uns befanden.