Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Dann meldeten wir uns beim Siedlungssowjet, zeigten unsere Einweisung vor und erhielten die Berechtigung, in einer Hütte der Einheimischen zu wohnen. Das war tagsüber, unsere künftige Bäuerin arbeitete wohl gerade. Ich weiß nicht, wie ihr Zimmer, nein, die Hütte geöffnet wurde, wir gingen herein.
  2. Am Abend kehrte die Bäuerin zurück, sie wurde wohl informiert, dass ihr Evakuierte zugewiesen wurden. Sie begriff aber irgendwie – in den Papieren wurde das allerdings nicht erwähnt –, dass wir Juden sind. Das missfiel ihr sehr. Deswegen sagte sie gleich, wir müssten sofort abhauen, sie brauche keine Juden.
  3. Wir übernachteten noch da. Am nächsten Morgen ging die Mutter wieder zum Siedlungssowjet und erhielt eine Zuweisung für eine andere Hütte. Diese Bäuerin war auch nicht zu Hause, zudem arbeitete sie außerhalb des Dorfes. Sie kam erst später ins Haus zurück. Ich kann sagen: Wir wohnten die ganze Zeit bei ihr bis wir wegfuhren, unser Verhältnis war sehr gut.
  4. Sie und meine Mutter kamen sich näher. Meine Mutter war natürlich bereit, jede Arbeit zu tun, auch in der Landwirtschaft, von der sie als Städterin keine Ahnung hatte. Sie erlernte alles. Unsere Bäuerin – ich nannte sie Tante Schura – sagte dann meiner Mutter: „Nein, Lida…“ – Meine Mutter hieß eigentlich Ida, sie nannte sie Lida. – „Nein, Lida, du bist keine Städterin, du wurdest wohl in einer Bauernfamilie geboren.“