Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Ich bin ein aktiver Mensch und wollte nach der Ankunft in Deutschland etwas machen, damit mein Kopf noch funktioniert. Ich löse Kreuzworträtsel, ich lese russische Bücher und manchmal deutsche, ich habe sogar einige.
  2. Ich kann sie aber schlecht verstehen, ich kann nur die Umgangssprache. Und die Literatur nicht so sehr, da sind viele unbekannte Wörter. Und ich beschloss, etwas in der Gemeinde zu machen.
  3. Was mache ich? Ich bereite jeden Monat ein Programm vor, unbedingt. Einmal war mein Thema „Abraham Lincoln, der große Bürger Amerikas“. Ich habe so ein Buch, und ich bereitete einen Vortrag vor.
  4. Meine Tochter vergrößerte einige Bilder aus dem Buch – wo er geboren wurde und lebte. Da war auch ein Gedicht, ihm nach dem Tod gewidmet. Ich lese da selbst das Gedicht über Lincoln vor.
  5. Das Programm ist gut geworden. Danach machte ich ein Programm über Leonardo da Vinci. Die Tochter brannte mir eine CD mit seinen Werken und meiner Erzählung, ich präsentierte das dann auch. Wir beschäftigen uns jetzt mit Filmen.
  6. Unser erster Film war über den großen Landschaftsmaler Isaak Lewitan. Ich hatte ein Buch über ihn mitgebracht und ich machte daraus ein Skript. Meine Tochter fand seine Werke im Internet. Auch im Buch gibt es Abbildungen, aber sie sagte: „Mama, die sind im Internet. Man muss aber um Erlaubnis fragen, sie zu scannen.“
  7. Sie wandte sich an einen Mann, der auch Lewitan heißt. Er erlaubte, die Gemälde einzuscannen und für den Film zu verwenden. Wir machten dann den Film, Dauer eine Stunde 52 Minuten. Der Film wurde ziemlich interessant, aber sehr lang.
  8. Den Leuten fällt es nicht leicht, so lange zu sitzen. Aber sie taten es. Und der zweite Film geht über Felix Nussbaum. Ich plante einen Film über David Ludwig Bach zu machen. Nein, nicht Bach, sondern Bloch. Jedoch klappte es mit den Gemälden nicht.
  9. Ich zahlte eine Bibliotheksgebühr und bestellte die Bücher mit den Abbildungen. Die Antwort aus Berlin lautete aber, dass es nichtausleihbare Einzelexemplare seien. Mein Geld war natürlich weg. Und ich entschied, den Film über Felix Nussbaum zu machen.
  10. Dann schrieb ich das Script für einen weiteren Film: „Die Gerechten unter den Völkern“. Das ist ein ziemlich interessantes Thema. Ich erzähle über Menschen, die während des Krieges Juden retteten und dabei ihr eigenes Leben riskierten.
  11. Ich bereite immer noch jeden Monat ein Programm in der Gemeinde vor. Ich mache auch Musikprogramme, z.B. über Chansons, das ist beliebt. Ich gestaltete ein Programm über Oskar Strok, den König des Tango in Europa. Er war Jude und lebte in Lettland.
  12. Meine Tochter schnitt 25 Minuten aus verschiedenen Filmen zusammen, wo die Interpreten seiner Lieder auftreten. Das Programm wurde auch ziemlich interessant.
  13. Mit solchen Sachen beschäftige ich mich bis heute. Nun, in Deutschland… Natürlich ist es sehr schwer, sich vollständig in das alles hier einzugliedern.
  14. Wir haben eine andere Mentalität. Aber wir versuchen irgendwie, dazu zu gehören. Unsere Kinder sind schon anders. Mein Enkel kann z.B. perfekt die Sprache und hat verschiedene Freunde, deutsche und russische.
  15. Er hat vor Kurzem geheiratet, bald kommt meine Urenkelin auf die Welt. Er hat ein Mädchen aus der Ukraine geheiratet.