Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. In Domanewka blieben wir wenige Tage. Man brachte uns in irgendwelche Räume, wir alle setzten uns auf den Boden. Neben mir saß eine junge Frau, die ca. 35 Jahre alt war, mit einem Jungen, der war etwa 10. Wir erzählten, tauschten uns aus und weinten. Dann schlief man ein, alle waren malträtiert und müde.
  2. Am Morgen wachten wir auf und ich erkannte diese Frau nicht wieder. Ich guckte sie an und dachte: „Was ist los?“ Dann kapierte ich: Sie war in dieser Nacht völlig ergraut. Für mich war das… Obwohl ich schon erwachsen war, 27 Jahre alt… Das nahm mich schrecklich mit: „Mein Gott, wie kann ein Mensch…“
  3. Ich weiß nicht, ob ich das schon gesagt habe: Die letzte Gruppe… Als wir unterwegs waren, sagten die Bauern uns: „Werft alles weg, ihr werdet erschossen!“ Aber es gab schon einen Befehl von oben, wir erfuhren davon später: Stopp der Erschießungen von Juden.
  4. Wir kamen also in die letzte Gruppe, als es keine Massenerschießungen mehr gab. Einzelne Erschießungen waren (aber weiter) gang und gäbe. Wir wohnten eine Weile dort, wir gingen von Hütte zu Hütte: Ich strickte, die Tante nähte, die Bauern gaben uns dafür zu essen.
  5. Einmal sah ich durch das Fenster unseren Polizisten reiten, den Polizisten unseres Gehöfts. Er trieb eine Frau mit Kind vor sich her. Die Hütte, wo ich war, lag am Rande. Fünf oder zehn Minuten später knallten zwei Schüsse. Später erfuhren wir, dass er das Kind und die Mutter erschossen hatte. Er nahm ihren Sack und kehrte zurück ins Dorf. Das ist so eine Episode. Jemanden zu töten war straffrei, besonders die Juden. Alle Juden trugen einen sechszackigen Stern vorne und hinten.