Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Ich denke, heute ist es schon anders. Seitdem sind zehn Jahre vergangen und man sieht das anders. Jedoch in der Zeit vor und während unserer Ausreise guckten (uns) viele schief an: „Also, Sie lassen die Heimat im Stich, Sie verlassen die Heimat.
  2. Sie wandern aus irgendeinem Grund aus“ usw. So etwas hatten viele im Kopf, sie meinten es sozusagen ehrlich. Als ich die Ausreise beantragte, bekam ich ungefähr diese Worte von einer Beamtin zu hören.
  3. Ich sagte ruhig zu dieser Frau: „Wissen Sie, ich habe über 40 Jahre in diesem Land gearbeitet. Dabei war ich nicht der Letzte: Ich habe Einiges in der Wissenschaft erreicht, ich bin aufgestiegen.
  4. Danach stellt sich heraus, dass mich hier keiner braucht. Hier wird überhaupt keiner mehr gebraucht und man kann nicht überleben.
  5. Und es gibt ein Land, das uns anbietet: ‘Kommen Sie und leben Sie da. Wir werden uns um Sie kümmern.’ Ist das etwa schlecht? Warum muss ich darauf verzichten? Würden Sie nicht auswandern?“
  6. Sie dachte dann nach: „Ja, vielleicht haben Sie recht.“ Ich glaube, dieses „vielleicht“ gibt es nicht mehr, heute denkt keiner mehr so.
  7. Denn alle verstehen: Für Menschen mit intellektuellem Beruf ist manchmal Butter, Brot und ein Gehalt weniger wichtig als die Möglichkeit der Selbstverwirklichung und die Möglichkeit sich mit den geliebten Dingen zu beschäftigen.