Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Eine Zeit lang war ich Kommandeur eines Transportpanzers. Da waren zwei MGs, der Wagen war amerikanisch. Wir bekamen solche Wagen aus Amerika, sie hatten zwei Großkaliber-MGs.
  2. Ich kommandierte den Wagen, später hatte ich noch eine Geschichte mit ihm. Ich möchte jetzt Folgendes erzählen: Wir erfuhren, dass der Feind sich unerwartet bewegt, er zieht sich zurück.
  3. Wir mussten ihn abschneiden. Auf die Schnelle wurde eine Kampfgruppe gebildet: zwei Panzer, ein Panzerwagen, drei oder vier Kanonen und natürlich MGs.
  4. Wir setzten uns eilig in Bewegung, es war nachts. Uns wurde dann befohlen zu halten und uns einzugraben. Wir folgten diesem Befehl. Der Schützenpanzerwagen und die Panzer wurden eingegraben, wir warteten.
  5. Kaum wurde es hell, sah ich eine große Kavallerie-Einheit. Später erfuhr ich, das war die ungarische Kavallerie, sie waren damals unsere Feinde.
  6. Es war eine ungarische Schwadron, viele Leute und Pferde. Sie bewegten sich in unsere Richtung. Keiner stoppt sie, wir warten. Als sie nahe genug kamen, schossen wir aus allen Waffen. Von diesem Schwadron blieb nichts übrig: Alle Pferde waren tot, die Leute liefen weg.
  7. Sie waren von Panik ergriffen, der Feind versuchte in einen Wald wegzulaufen. Ich verfolgte sie. Wir waren nur 200, machten aber bis zu 2.000 Gefangenen. Das war nicht ungefährlich, sie hätten uns (angreifen) können.
  8. Wir stellten natürlich Wachposten um sie auf. Da erlebte ich eine Episode, die mir in Erinnerung bleibt. Ich verfolgte die Flüchtenden und nahm sie gefangen.
  9. Ich sah drei Soldaten und einen Offizier laufen. Ich schoss eine Garbe, sie verschwanden im Wald. Ich wollte sie holen, ich geriet in Eifer. Ich überlegte nicht, dass ich alleine auf sie im Wald treffe, sie mich fertig machen.
  10. Ich stieg aus und lief in den Wald, um den Offizier zu kriegen. Ich lief, guckte nach links und sah ihn unter einem Baum liegen. Er zielte auf mich mit der Pistole: Gleich tötet er mich. Ich war nicht baff, das war frech von mir in dieser Lage:
  11. Ich konnte mich nicht zu ihm hinwenden, denn er hätte gleich geschossen. So wie ich mit der MP gelaufen war, so blieb ich stehen.
  12. Ich schaute ihn an und sagte – ich konnte etwas Deutsch: „Die Waffe hinlegen, wirst leben!“ Er verstand mich, ich befehle es ihm wieder.
  13. Er setzte die Pistole an seinen Kopf. Ich sage nochmals: „Halt! Du wirst leben!“ Er legte die Pistole hin. Das blieb mir im Gedächtnis, weil ich wenige deutsche Worte sprach, die ich kannte.
  14. So rettete ich mein, aber auch sein Leben. Ich brachte ihn zum Hügel, wo wir die Gefangenen festhielten.
  15. Ich brachte ihn dahin und sagte den Jungs, er darf nicht angerührt werden. Ich habe ihm das Leben versprochen.