Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Die Eltern meiner Mama starben vor Ausbruch des „Großen Vaterländischen Krieges“. Und die Eltern meines Papas kamen ins KZ. Sie wurden gleich von den Deutschen eingeholt, das war in Potschep.
  2. Daher kamen sie ins KZ, zusammen mit ihrer Enkelin, sie war die Tochter einer Schwester meines Vaters. Die Enkelin Swetotschka hatte mal Durst oder Hunger und lief zum Stacheldraht.
  3. Die Großmutter versuchte, sie vom Stacheldraht wegzuziehen. In diesem Moment wurde sie erschossen, angeblich wegen eines Fluchtversuches. Auch mein Großvater starb wohl genauso dort.
  4. In der Familie meiner Mutter gab es drei Kinder: Mama, ihr Bruder Moissej und ihre Schwester Dora. Sie lebten ihr Leben lang in Serpuchow bei Moskau. Von Beruf waren sie Apotheker, der Bruder war Leiter einer Apotheke und die Schwester war seine Gehilfin.
  5. Während des Vaterländischen Krieges arbeiteten Moissej und Dora im Lazarettzug des Roten Kreuzes und versorgten die sowjetischen Truppen.
  6. Sie holten die Verwundeten ab, operierten sie usw. Er war sogar der Chef dieses Lazarettzuges. Nach dem Krieg lebten sie in Serpuchow weiter und starben auch dort. Meine Mama hatte keine weiteren Verwandten.
  7. In der Nachbarwohnung (hier) wohnt Moissejs Tochter Anna, geboren wohl 1935. Ich half ihr, aus Serpuchow hierher zu kommen und sich in Dortmund niederzulassen. Dortmund war eigentlich geschlossen, in unserem Stadtteil lebten angeblich schon genug Juden.
  8. D.h. wenn du nach Dortmund kommst, suche dir einen anderen Stadtteil. Und ich sorgte dafür, dass sie in die Nachbarwohnung kam. Und sie wohnt hier, meine Cousine lebt alleine.
  9. Über Vaters Verwandte: Ein jüngerer Bruder von ihm fiel an der Front – Jakow. Er hatte einen Sohn – Lew, der jetzt mit seiner Familie in Israel lebt. Ich war mal bei ihnen zu Besuch. Die ältere Schwester von Papa, Lidija, und ihr Mann lebten immer in Swerdlowsk im Ural.
  10. Sie arbeiteten und wurden als hervorragende Fachleute geschätzt. Sie haben die Tochter Tamara, und ich half ihr auch, nach Deutschland umzuziehen. Sie leben jetzt in Essen – sie, ihr Mann, der Enkel und die Kinder.
  11. Tamaras ältester Sohn lebt in Kanada, er ist ein guter Fachmann und arbeitet in einer Microsoft-Niederlassung. Außerdem hatte Papa die Schwester Fira, bei ihr klappte es nicht mit ihrem Mann, sie waren nicht lange zusammen.
  12. Sie zog ihre Tochter Faina allein groß. Sie lebten in Saratow. Heute lebt Faina in Amerika. Ihre Kinder und Enkel waren hier bei uns zu Besuch. Und es gab noch den Bruder Grigorij.
  13. Er machte als Mediziner den ganzen Krieg mit. Später arbeitete er als sehr bedeutender Röntgenologe in Cherson, Ukraine.
  14. Er war mit einer Marija verheiratet, sie hatten sich im Krieg kennengelernt. Wegen einer Kriegsverletzung konnte Marija keine Kinder bekommen, daher hinterließ Grigorij keine Kinder. Die beiden sind in Cherson begraben.
  15. Mich macht es sehr oft traurig, dass ich nie ihr Grab aufsuchen werde. Das Grab ist in Vergessenheit geraten, und so sind sie auch im Jenseits vergessen. Keiner wird das Grab aufsuchen.
  16. Mein Papa hatte noch den älteren Bruder Ilja. Er lebte in Sestrorezk, und nachdem wir dahin versetzt worden waren, konnten wir eine Weile in Iljas Haus wohnen.