Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Das Leben wurde sehr schwer. Obwohl mein Mann und der Schwiegersohn promovierte Ingenieure waren, konnten sie die Familie nur sehr schwer versorgen. Ein normaler Lebensstandard war kaum möglich.
  2. Das war aber nicht das Wichtigste. Mein Enkel wurde größer, er war schon zehn. Was in der russischen Armee passierte, war mir wie uns allen bekannt. Mir graute vor dem Gedanken, was ihm zustoßen könnte, wenn er in die Armee käme.
  3. Und niemand konnte garantieren, dass er da nicht hin kommt. „Wenn Militärdienst, dann in einer anderen Armee.“ Und wir beschlossen, nach Deutschland zu gehen.
  4. 2000 kamen wir nach Deutschland. Es gab sehr viele Schwierigkeiten und es ist nicht wert, darüber zu erzählen, das fällt schwer. Meine Tochter schloss den (Deutsch-)Kurs beim Arbeitsamt ab.
  5. Sie als Englischlehrerin kritisierte diesen Kurs, er war nicht ganz das Richtige. Dann bezahlte sie den Kurs an der VHS und schloss drei Stufen da ab.
  6. Und sie konnte eine Arbeitsstelle finden. Jetzt arbeitet sie in der Firma RLE, die für die Ford Werke arbeitet. Sie ist mit der Arbeit sehr zufrieden, da sind Deutsch- und Englischkenntnisse notwendig, Englisch kann sie perfekt.
  7. Als wir hier ankamen, besuchte mein Enkel die Realschule. Meine Tochter wollte aber sehr, dass er aufs Gymnasium geht. Er konnte überhaupt kein Deutsch. In der Realschule machten ihm die türkischen und afghanischen Mitschüler das Leben schwer.
  8. Aber er hatte eine wunderbare Klassenlehrerin, Frau Albrecht. Sie passte auf ihn auf und half ihm, sprach mit den Jungs, dass sie aufhören, ihm Probleme zu machen.
  9. Zunächst begeisterte er sich für Flugzeuge. Er fuhr zum Flughafen und machte da Fotos. Seine Fotos waren sogar in einer Kölner Zeitung, als ein Flugzeug notlanden musste, das war ein Urlauberflug zu irgendwelchen Inseln.
  10. Er kannte sich mit Flugzeugen aus, las die Pilotenkarten. Also er wollte Flugzeugingenieur werden. Sechs Monate vor dem Abitur sagte er plötzlich: „Ich gehe aufs Konservatorium.“ Niemand konnte ihn umstimmen, jetzt macht er sein erstes Studienjahr auf dem Konservatorium in Hannover, Fach Jazz.