Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Meine Mutter traf da (in Georgien) zufällig ihren Bruder Nachman. Wir alle wohnten in einem Zimmer, auch Nachman mit seiner Frau und Tochter. Ihr ältester Sohn war in der Armee, der zweite Sohn arbeitete in einem Rüstungsbetrieb.
  2. Jetzt möchte ich etwas über ihn und unsere Familie erzählen. Meine Eltern stammen aus einer Chassidenfamilie, ihre Eltern waren Brazlawer Chassiden. Mein Vater stammt aus Teplik im Gebiet Winniza. In der Nähe liegt Uman, wo Rabbi Nachman begraben ist, der Gerechte, Weise und Lehrer.
  3. Meine Mutter wurde im Gebiet Kirowograd auch in eine Brazlawer Chassidenfamilie geboren. Es war üblich, die Kinder zusammenzubringen, sie heirateten dann. Also, der Rabbi Nachman, von ihm kann man viel erzählen. Er schrieb viele Bücher, Belehrungen und Märchen.
  4. Er hatte viele Schüler, der wichtigste war Nathan Sternharz. Er war mein Ururgroßvater, vielleicht auch der Urururgroßvater. Meine Mutter hieß auch Sternharz, Esther Sternharz.
  5. Nathan Sternharz lebte in Nemirowo, in der Nähe von Brazlaw. Nathan Sternharz war sehr aufgeklärt und suchte einen Lehrer, dem er sich anvertrauen konnte. Ein Bekannter erzählte ihm über Rabbi Nachman, er hatte bei ihm in Brazlaw einen Sabbat verbracht, es war sehr interessant gewesen.
  6. abbi Nathan fuhr dann nach Brazlaw und besuchte ihn dann samstags und an allen Festtagen. Das war sehr interessant. Rabbi Nachman lehrte, sprach und diskutierte. Er schrieb nichts auf, das tat Rabbi Nathan. Rabbi Nathan half, seine Werke herauszugeben.
  7. Nach dem Tod von Rabbi Nachman dachten alle, Rabbi Nathan würde sein Nachfolger werden. Dieser war aber sehr bescheiden: „Nein, keiner kann sich mit unserem Lehrer vergleichen. Ich kann nur seinen Namen noch mehr rühmen, indem ich alle seine Werke herausgebe.“
  8. Im Herbst kommt das jüdische Neujahrfest, Rosch ha-Schana. Uns war es nicht möglich das Fest zu feiern. Nach Rosch ha-Schana kommt Taschlich, noch ein Fest. Genauer gesagt, das ist ein Brauch.
  9. Man betet am Wasser und bittet um Vergebung und Befreiung von den Sünden. Das wird am Wasser gemacht, damit die Sünden ertrinken. Die Kleidertaschen werden umgestülpt, damit das alles verschwindet. Ich weiß noch, Onkel Nachman suchte lange nach einem passenden Ort in Borshomi.
  10. Er fand dann einen Brunnen mit Mineralwasser, da verlief ein Bach. Er nahm uns, alle Kinder und Erwachsenen, mit. Onkel Nachman betete, ich erlebte zum ersten Mal so etwas Feierliches am Wasser, das war einfach unbeschreiblich.
  11. In unserer Familie gab es folgende Namen: Nachman, Nathan, Izhaak. Mein Großvater hieß Izhaak, mein Onkel Nachman.
  12. Der andere (Onkel), der bei Charkow fiel, hieß Nathan. Also, man vergab solche Namen.