Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Mein Vater wurde in die Armee einberufen, die Mutter und wir blieben in der Stadt. Ich war die Älteste. Wir konnten nicht in die Evakuierung gehen. Am frühen Morgen des 1. August kamen Panzer in unsere Stadt.
  2. Zunächst machten wir uns allerdings keine Gedanken. Meine Mutter sagte… Sie hatte den Krieg 1914 erlebt. Sie sagte: „Die Deutschen haben uns nicht angerührt. Der Vater ist kein Parteimitglied, ich auch nicht und du bist nicht im Komsomol. Also werden wir nicht angerührt.” Die Infanterie marschierte durch, sie rührte uns nicht an.
  3. Im Gegenteil, sie behandelte uns normal. Aber einige Tage später kamen Polizei und Gendarmerie. Als Stadtkommissar wurde unser Schuldirektor Marzyn eingesetzt. Und überall hingen Bekanntmachungen auf Russisch und Deutsch.
  4. Die (jüdischen) Bewohner der zentralen Straßen mussten binnen zwei Tagen in folgende drei Straßen umziehen: Wostotschnaja, Nekrassowa und Schalom Alejchem. Unsere Stadt ist alt, da gab es viele Juden. Auch die Juden aus Winniza, Tschechien und Polen kamen hier hin.
  5. Dort gab es bereits Pogrome, so flüchteten viele zu uns. Und die Deutschen… Wir blieben in unserem Haus in der Wostotschnaja-Straße, und in das Haus zogen dann ca. zehn Familien ein. Jeder versuchte ihnen zu helfen, sie bei sich unterzubringen, damit sie nicht auf der Straße erschossen werden.
  6. So wurde ein Ghetto in diesen drei Straßen eingerichtet, unter Bewachung der Polizei und deutschen Gendarmerie. Wenn jemand hinausging, um auf dem nahen Markt etwas zu kaufen, wurde er gleich geschlagen oder erschossen.