Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Die Arbeit ging gut voran, wir führten die Tests an den Kraftwerken für Kähne zum Ende. Und ich wollte noch immer (weiterkommen)… Ich arbeitete auf dem Gebiet mobiler Kraftwerke, die in der ganzen Sowjetunion verteilt waren. Ich sprach dann mit dem Trust-Geschäftsführer und wollte, um mehr Geld zu verdienen, bei so einem Kraftwerk arbeiten. Es befand sich in Tiksi, auf Kamtschatka.
  2. Dann ließ der Trust-Geschäftsführer mich zu sich kommen. Er sagte: „Willst du vielleicht statt des Hohen Nordens in den Süden ziehen, nach Saporoshje? Wir haben beschlossen, in einem Reparaturbetrieb eine Reparaturhalle für Turbinen einzurichten. Und wir planen ein, dass du Hallenleiter wirst. Du bekommst eine Wohnung da. Fahr inkognito nach Saporoshje – über dein Kommen weiß nur der Direktor.
  3. Mach dich mit dem Betrieb vertraut, führ Gespräche und gib uns eine Antwort, ob du einverstanden bist, nach Saporoshje zu gehen.“ Ich war da, schaute mich um, die Wohnung wurde in Aussicht gestellt. Zurück in Charkow sagte ich zu Nellja: „So und so, wir fahren statt in den Norden in den Süden.“ Nellja stimmte zu. Die Sache wurde schnell geregelt und 1976 begann ich als Leiter der Reparaturhalle für Gasturbinen in Saporoshje zu arbeiten.
  4. Ich begann in Saporoshje zu arbeiten und bekam zunächst keine Wohnung. Ich wohnte eine Weile im Hotel. Aber mir wurde gesagt: „Ein neues Haus wird gerade gebaut. Wenn es fertig ist, kannst du dir das neue Haus oder ein altes aussuchen.“ Die Bedingungen waren gut. Die Halle wurde aus dem Nichts geschaffen, und es lief nicht schlecht.
  5. Wir reparierten oder testeten sogar die Maschinen. Dem Geschäftsführer des Moskauer Trustes gefiel das und man traf die Entscheidung, die Reparaturhalle für Gasturbinen mit der Elektrohalle zu vereinen und mich als Hallenleiter einzusetzen. Ich stimmte zu. In der Halle waren 200 Leute.
  6. Die Sache war aber die: Wenn du Hallenleiter bist, hast du Schwierigkeiten, nicht nur in der Arbeit, sondern auch mit etlichen persönlichen Angelegenheiten. Z.B. gab es in meiner Halle Spiritus für diverse Zwecke: Säubern, Durchspülen und so. Wie üblich, war das die Sache des Gerätewartes. Dann bemerkte ich: Daraus wird nichts Gutes. Kurz gesagt, den ganzen Spiritus, den ich in großen Mengen erhielt, bewahrte ich (bald) bei mir auf.
  7. Dann habe ich noch Folgendes erfunden: Es gab viele Trinker, die sich für die Arbeit im Betrieb bewarben. Und wenn ich einen eingestellt hatte, ließ ich ihn gleich zwei Erklärungen abgeben. Die erste war die Bewerbung: „Ich bitte mich ab dem und dem Tag zu beschäftigen.“ Und die zweite Erklärung: „Ich bitte mir zu kündigen auf eigenen Wunsch.“ Ich kassierte beide Erklärungen ein und filterte (die Trinker) tatsächlich heraus.
  8. Später erfuhr ich jedoch: Für so etwas hätte ich vor Gericht kommen können. Was ich machte, war rechtswidrig. Aber es ging (damals) irgendwie durch. Das Haus wurde fertig gebaut. Und ich suchte eine Wohnung in einem alten Haus, damit Nellja zu mir ziehen konnte, es war 1978/79.