Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Mir wurde einige Male angeboten, der Kommunistischen Partei beizutreten. Dabei gab es allerdings Limits: erstens nur eine bestimmte Quote für Juden. Außerdem war es für einen Arbeiter leichter, der Partei beizutreten. Ein Ingenieur oder wissenschaftlicher Mitarbeiter – da mussten zuerst sechs Arbeiter vom Betrieb Parteimitglieder werden.
  2. Erst dann konnte ein Ingenieur beitreten. Mir wurde es angeboten, ich hatte immerhin so eine Position. Mir wurde zwei Mal angeboten, der Partei beizutreten. Ich besprach das auch mit meinem Onkel in Moskau.
  3. Und ich wurde sogar offiziell darum gebeten: „Du musst der Partei beitreten.“ Ich tat es jedoch nicht, Gott sei Dank. Nun zur Zulassung (Geheimhaltungsstufe): Als ich als Hallenleiter arbeitete, hatte ich die Zulassung Zwei, was ziemlich hoch ist. Die Eins gilt als höchste und ich hatte die Zwei.
  4. Und in dieser Zeit, als ich und Nellja in Saporoshje wohnten, beschloss der Sohn nach Israel zu gehen. Das war 1990. Er zögerte eine Weile, bevor er es uns sagte. Nellja war sehr dagegen. Und wir mussten uns damit einverstanden erklären. Nellja war dagegen: „Nein, ich will nicht, dass er fortgeht.“
  5. Ich versuchte sie zu überreden. Dann war sie natürlich einverstanden. Wir erklärten uns mit seiner Auswanderung nach Israel einverstanden. Er ging 1990 nach Israel. Unsere Zweizimmerwohnung, die Mama für uns gekauft hatte, gehörte damals Wowa (Wladimir). Und er verkaufte sie, damit er Geld für die Fahrt nach Israel hatte. Und wir wohnten in Saporoshje und dachten, wir würden nicht lange da bleiben.
  6. Wir blieben bis 1992. D.h. Nellja lebte 12 Jahre da und ich arbeitete 15 Jahre in Saporoshje. Nach der Auswanderung des Sohnes nach Israel dachte ich jedoch: „Ich werde bald Rentner.“ Ich war schon fast 60. Ich beschloss, irgendwie die Arbeitsstelle zu verlassen, sonst hätte ich nicht nach Israel reisen dürfen, um zu sehen, wie mein Sohn zurechtkommt. Ich begann langsam den Boden dafür zu bereiten.
  7. Ich suchte einen Mitarbeiter aus, zwei Meter groß, ein hübscher Russe. Er arbeitete im technologischen Büro. Ich bot ihm an, meine Arbeit anzuschauen, damit er Hallenleiter werden konnte. Ich sprach das mit dem Direktor ab usw. Und in der Zeit, als mein Sohn in Israel lebte, wurde (der Russe) Hallenleiter und ich wurde Leiter des technologischen Büros. Später beschloss ich noch eine Stufe tiefer zu gehen und wurde einfacher Technologe in meiner Halle.
  8. Übrigens stellte ich auch Nellja für vier Monate in dieser Halle ein. Denn sie bekam 120 Rubel Rente. Und wenn man im Rentenalter noch vier Monate arbeitete, erhielt man 132. Sie arbeitete da und erhielt dann die höchste Rente, 132 (Rubel). Und mein Plan hat funktioniert: 1991 besuchte ich zum ersten Mal meinen Sohn in Israel.