Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Mein Urgroßvater mütterlicherseits war Gerbermeister, er verarbeitete Häute zu Leder, aus dem Dinge des Alltagslebens hergestellt wurden. Seine Kinder, mein Großvater und dessen Geschwister, setzten diese Arbeit fort. Jeder von ihnen war Inhaber einer eigenen kleinen Gerberei.
  2. Mein Großvater hatte eine Frau, geborene Satina, der Großvater trug den Namen Sack, sein Vorname war Mendel. Wie viele (Kinder) er hatte, lässt sich heute schwer sagen.
  3. Meine Mama war die älteste Tochter und es gab noch die Tochter Anja und die jüngste Tochter Mera. Außerdem gab es noch zwei Brüder, Moissej und Lew. Jede dieser Familien hatte eigentlich ein eigenes Schicksal.
  4. Meine Mutter wurde im kleinen Ort Tatarskoje bei Mogiljow geboren. Nach der Revolution zog sie nach Charkow und arbeitete da in der Letternfabrik. Einmal machte sie Urlaub in Sotschi, im Erholungsheim für Pressemitarbeiter. Da lernte sie meinen Vater kennen, der ihr Mann wurde.
  5. Sie bekleidete keinen offiziellen Posten, war für keine wichtigen Sachen verantwortlich. Sie unterstützte diese Idee (der Revolution) einfach und war mit ihr einverstanden.
  6. Sie erzählte (später) u.a. folgende Episode aus Lugansk, wo sie eine Zeitlang vor Charkow lebte… Es war 1918, während der deutschen Besatzung von Lugansk. Sie ging einmal auf die Straße mit einer roten Schleife.
  7. Ein deutscher Offizier trat an sie heran und sagte: „Das ist Bolschewik.“ Und nichts weiter. Sie war natürlich „geistig“ auf den Aufbau des Kommunismus eingestimmt.
  8. Aber ich wiederhole: Keine öffentlichen oder amtlichen Posten. Sie war Parteimitglied und wurde nach Vaters Verhaftung natürlich ausgeschlossen.
  9. Als man ihr nach der Rehabilitierung anbot, die Parteimitgliedschaft wiederaufzunehmen, lehnte sie das jedoch kategorisch ab. Also, die Zeit änderte sie eigentlich und auch ihr Verhältnis zum Leben und zu diesen Ideen.