Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Erstens kann ich mich klar daran erinnern, dass meine Eltern Japan sehr gerne kennenlernten. Sie nutzten jede Gelegenheit um zu reisen. Wir wohnten in Tokio und reisten auf die Insel Kyushu und nach Kyoto, eine der ältesten Städte Japans. Wir reisten nach Osaka und in den schönen Kurort Atami.
  2. Wir reisten nach Nikko mit einem sehr schönen Tempel. Und natürlich zum Fuji, der schon aus einer Vorstadt Tokios zu sehen ist. In Japan gab es sehr viel hochinteressantes Spielzeug, u.a. Modelleisenbahnen mit Elektromotor, Weichen, Bahnhöfen und Signalen. Wir wohnten in einem Bezirk, der Compound hieß. Da standen Häuser wie in Europa und drinnen wohnten die Korrespondenten ausländischer Zeitungen.
  3. U.a. war die amerikanische Familie Fleischer da, sie hatten drei Kinder mit der Tochter Bennita in meinem Alter. Wir waren sehr befreundet, ich besuchte sie, sie mich und wir spielten draußen. Daran kann ich mich gut erinnern – so gut, dass ich 50 Jahre danach (Bennita) Fleischer ausfindig machte. Wir halten immer noch Kontakt und schreiben uns.
  4. Also, ich finde, die Hauptsache war das erstklassige Spielzeug, das mich an die Technik heranführte. Und die Reisen, das war sehr wichtig. Und die Bekanntschaft nicht nur mit amerikanischen Familien. Da war auch jemand aus Deutschland, zu dem ich in meinem Buch eine Episode beschrieben habe. Was kann ich noch erzählen? Ich kann mich z.B. gut an Schneeverwehungen in Tokio erinnern, als es auf einmal schneite und der Schnee zwei, drei Tage liegen blieb.
  5. Wissen Sie, wenn ich jetzt auf mein Leben zurückblicke und auf mein Verhalten hier und da, habe ich den Eindruck: Ja, die japanische Kultur hat meinen Charakter und meine Weltanschauung mitgeprägt. Einige Züge sitzen bei mir immer noch fest. Z.B. lieben es die Japaner nicht zu zeigen, dass sie etwas Neues gekauft haben. Die Sache muss gebraucht (aussehen), denn wenn sie ganz neu ist, gilt das als Angeberei.
  6. Ich versuche, immer höflich zu sein. Ich kann Gemeinheit nicht ausstehen, absolut. Und ich verbiete es mir selbst. Mir scheint, das bekam ich bereits von Kindheit an mit. Ich glaube, das hat mich mitgeprägt.