Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Dann kamen wir hierher. Die Ankunft war im Allgemeinen sehr schwer. Wir wohnten auf einem Schiff, das Schiff selbst war kein Problem. Wir wohnten aber ganz unten. Wegen meiner Krankheit musste ich nachts oft aufstehen.
  2. Ich sah große Ratten über Greta laufen. Außerdem stand ein Behälter in unserer Kajüte. Wir dachten zunächst: „Das ist gut, wir können ihn als Tisch benutzen.“ Aber nein, alle 15 oder 20 Minuten tat sich etwas da drinnen. Das was der Fäkalienbehälter für das ganze Schiff. Der Pumpendeckel war aber nicht dicht, der Geruch war (dementsprechend). Ja, in so eine Lage kamen wir damals.
  3. In dieser Zeit wurden wir krank. Ich bekam einen Infarkt und Greta Depressionen.
  4. Wir suchten nach einen Ausweg, wir mussten uns retten. Ich wurde wieder die tragende Säule, der Mensch, der die Verantwortung auf sich nimmt.
  5. Ich sage ehrlich: Wir brachten sehr wenig Geld mit, insgesamt 8.000 (DM). Und 4.000 davon haben wir dem Makler für diese Wohnung bezahlt. Sonst wäre es uns noch schlechter ergangen. Greta sagte zu mir: „Isja, wir geben das ganze Geld aus, wie sollen wir denn dann leben?“
  6. Die Verpflegung auf dem Schiff war für sie ungeeignet, sie hat Diabetes. Hat sie Ihnen davon erzählt, nein? Ich musste für sie Quark, diabetikergeeignete Lebensmittel kaufen. Außerdem brauchten wir Fahrscheine und Telefonkarten, wir suchten ja eine Wohnung. Das ganze Geld vom Sozialamt wurde auf dem Schiff einkassiert.
  7. Ich wollte eine Wohnung finden, egal was es koste. Ich bezahlte dem Makler 4.000 (DM). Er wollte zuerst 4.500, hatte dann Mitleid mit mir und war mit 4.000 einverstanden. So kamen wir in die Wohnung. Sie war damals nicht so gut, ich habe sie renoviert.
  8. Damals schliefen wir noch auf dem Boden, hatten keinen Herd und kochten Suppe mit dem Tauchsieder in einem Eimer. Jetzt genug, ich will nicht mehr davon sprechen. Aber wir mussten harte Prüfungen bestehen.
  9. Als wir noch auf dem Schiff wohnten, bat ich jemanden von der Gemeinde zu kommen und sich das anzusehen. Der Rabbiner Bollag kam und guckte sich das an. Er leistete aber keine Hilfe. Also, wir zogen im Januar 1995 hier ein.