Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Ich sage es so: Bei allen guten Worten über Lettland und die Sowjetunion war es doch unmöglich, ins Ausland zu fahren. Ich kannte einige Leute, die es durften. Sie mussten die Unterschrift des Parteisekretärs und des Gewerkschaftlers bekommen.
  2. Der Werkdirektor musste beglaubigen, dass sie anständige Menschen sind, dass sie fahren dürfen. Es war sehr erniedrigend und schwer. Und wir hatten nicht so viel Geld fürs Reisen. Wir lebten von unserem Lohn. Meine Frau verdiente als Lehrerin auch gut, es reichte uns zum Leben. Wir konnten uns aber schlecht Reisen leisten.
  3. Wir beschlossen, in Deutschland einzuwandern. Wir lasen natürlich zuerst darüber, wie das heutige Deutschland ist. Wir wussten, dass der Nazismus hier verfolgt wird. Als Lettland unabhängig wurde, fassten die „Legionäre” Mut, sie kamen an die Macht.
  4. Sie begannen, unglaublich dumme Sachen zu machen. Sie spuckten auf Russland. Aber egal, ob Russland dir gefällt oder nicht, es ist ein Nachbarland, man darf nicht darauf spucken. Die Russen kauften keine Konserven mehr, und 5.000 Frauen verloren ihre Arbeit.
  5. Sie begannen, alles nur auf Lettisch zu schreiben. Lettland ist ein kleines Land – das geht nicht, nur Lettisch. 200 Kilometer in der Länge, das ist das ganze Lettland. Es ist natürlich ein gutes, ein schönes Land. Aber sie stellten uns Pässe aus und verunstalteten unsere Nachnamen.
  6. Schauen Sie sich meinen lettischen Pass an, hier steht geschrieben: „Pass eines Nichtstaatsangehörigen”. Einer (von unseren Söhnen) hat den Sprachtest bestanden und ist lettischer Staatsangehöriger. Für uns hätte es keinen Sinn gehabt.