Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Meine Mutter kehrte schließlich doch zurück, aber in einem sehr schlechten Zustand. Bald danach hatte sie ihren ersten Schlaganfall. Mein Bruder befestigte Räder unter einem Sessel, so fuhren wir sie durch die Wohnung. Dann aber konnte sie wieder gehen. 1953 starb Stalin. Ich weinte! Mein Bruder wurde wütend: „Jetzt kannst du ja der Partei beitreten!“
  2. Mein Sohn verstand noch nichts, aber er hat davon erzählt: Just in der Zeit, als alle inne hielten, die Sirenen heulten und (Stalin) zu Grabe getragen wurde, nicht früher und nicht später, ging meine Mutter Lebensmittel einkaufen. Sie nahm ihren Enkel an die Hand… Alle und alles war still, nur die beiden gingen durch die Straße zum Geschäft. Meine Mutter kaufte Lebensmittel, kein Wort ist gefallen.
  3. Dann kam der Sommer (1953) und die Nachricht, dass Berija verhaftet worden sei. Ich eilte nach Moskau und erfuhr, wer jetzt Deputierter aus Leningrad im Obersten Sowjet ist. Ich ging zu ihm wie zu meinem Deputierten und ersuchte um die Rehabilitierung meines Vaters.
  4. Das Gesuch um Rehabilitierung hatte ich noch vor dem 20. Parteikongress gestellt, gleich nach der Verhaftung von Berija. Dann kam der 20. Parteikongress (mit der Geheimrede Chruschtschows).
  5. Rehabilitiert wurde er noch vor dem 20. Kongress. Aber ich wusste noch nicht, welcher Sache er beschuldigt wurde. Der NKWD gab die Akte nicht zur Einsicht heraus. Da entschied ich, einen anderen Weg zu nehmen. Ich stellte den Antrag, ihn wieder in die Partei aufzunehmen.
  6. Sie sollten ihn in die Partei wiederaufnehmen und mir (den Beschluss) zeigen. Es kam auch so: Im Smolnyj habe ich erstmals den Beschluss gesehen über die Anschuldigungen gegen ihn und über die Gründe für seine Wiederaufnahme. Darin habe ich erfahren, dass er nichts unterschrieben hatte, dass er die wichtigste Anschuldigung zurückgewiesen hatte.
  7. Wissen Sie, wie viel ich (dann) erhielt nach der Rehabilitierung meiner Eltern? Das war eine Schande! Mein Vater wurde als Erster rehabilitiert. Ich erhielt zwei Monatsgehälter.
  8. Meine Mutter erhielt später auch einen (Betrag). Sie nannte das „Blutgeld“. Wir kauften Bettlaken. Meine Mutter kaufte mir meine erste Armbanduhr, vorher hatte ich keine. Und noch etwas, das ich nicht mehr weiß.