Jakow Kara (links) mit seiner Schwester Anna, Galynas Mutter, und einem Verwandten, Erster Weltkrieg
Gruppenfoto bei einem Urlaub im Kaukasus am Schwarzen Meer, 1935, ganz links der Vater, in der Mitte sitzend die Mutter
Galyna Pedahovska (Pedahovskaja) wurde am 22. Dezember 1936 als Tochter von Iwan Pedahovskij (1889–1976) und Anna Kara-Pedahovskaja (1894–1971) in Odessa geboren. Der Vater stammte aus einer russisch-orthodoxen Familie. Er besuchte die Handwerker- und die Handelsschule und nahm 1913 ein Studium am Polytechnischen Institut in Kiew auf. Während des Ersten Weltkrieges arbeitete er als Dreher in einem Rüstungsbetrieb in Odessa.
Die Familie der Mutter waren Krim-Karäer (Karaim), eine seit dem Mittelalter historisch nachweisbare turkstämmige Volksgruppe, die eine eigenständige Form der jüdischen Religion praktiziert und nur die „schriftliche“ Lehre (Tora), nicht aber die „mündliche“ Lehre (Talmud etc.) als verbindlich anerkennt. Über die Ursprünge der Krim-Karäer und ihre Beziehung zu dem im 10. Jahrhundert untergegangenen Chasarischen Reich existieren unterschiedliche Thesen. Heute identifizieren sich nach Schätzungen 50000 Menschen weltweit als Karäer, über die Hälfte von ihnen leben in Israel.
Anna Kara wuchs in Odessa mit vier Brüdern auf, sie besuchte das Gymnasium und begann 1913 ein Medizinstudium. Im selben Jahr lernte sie Iwan Pedahovskij kennen. Erst nach Krieg und Bürgerkrieg konnten sie heiraten – gegen Widerstände in beiden Familien. 1925 wurde der Bruder Igor, 1936 Galyna geboren. Die Mutter arbeitete als Ärztin, der Vater in der Schiffsbauindustrie und später als Dozent an der Ingenieur-Hochschule für Seefahrt.
Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 wurde eine geplante Evakuierung der Familie mit dem Personendampfer „Lenin“ kurzfristig abgesagt, das Schiff sank nach einer Explosion in der Nacht des 27. Juli 1941 im Schwarzen Meer. Auf Drängen des Vaters wurde Galyna mit ihrer Mutter nach Baku evakuiert, wo sie bis zur Befreiung von Odessa im April 1944 blieben. Vater und Sohn überlebten die Besatzungszeit in Odessa, ebenso die Angehörigen der Mutter – die Krim-Karäer wurden von den Deutschen nicht als Juden klassifiziert und daher nicht als solche verfolgt.
Galyna Pedahovska lebte bis zu ihrer Ausreise nach Deutschland in Odessa. Nach dem Studium arbeitete sie an der Universität als Dozentin für Russische Sprache und Literatur. 1966 heiratete sie, 1967 kam der Sohn Dmitrij zur Welt. Ihr Ehemann Rafael Eisenstadt, der u.a. als Dramaturg und Autor arbeitete, erhielt wegen regimekritischer Äußerungen Berufsverbot und war seit 1968 in einem Werkslabor beschäftigt.
1992 verließen Galyna Pedahovska und Rafael Eisenstadt die Ukraine, der Sohn zog später mit seiner Familie ebenfalls nach Deutschland. Der Neuanfang in Düsseldorf war zunächst desillusionierend – niemand brauchte sie und ihre Qualifikationen. Galyna Pedahovska wurde selbst aktiv, zunächst durch die Herausgabe einer Zeitung mit Kulturtipps. Heute gibt sie die Kulturzeitschrift „Oase“ heraus und redigiert die deutsch-russische Zeitung „Neue Zeiten“ des 1999 gegründeten gleichnamigen Clubs. Sie organisiert zudem Exkursionen, engagiert sich in dem Projekt „Überlebende der Katastrophe“ (vgl. Zhozef Trostanovskij) und schreibt selbst Texte.