Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия

Efim Minkin

Efim Lwowitsch Minkin wurde am 22. Januar 1922 im weißrussischen Mogiljow als ältester Sohn einer jüdischen Arbeiterfamilie geboren. Er hatte zwei Brüder und eine Schwester. Der Vater Lejb arbeitete als Anstreicher und Dekorateur. 1926 zog die Familie aufgrund der herrschenden wirtschaftlichen Not nach Baku, die Haupstadt von Aserbaidschan, kehrte jedoch Mitte der 1930er-Jahre nach Mogiljow zurück. Efim Minkin schloss die Schule mit Bestnoten ab und nahm ein Studium am Hydrometeorologischen Institut in Moskau auf. Schon in Baku und in Mogiljow liebte er das Turnen, während des Studiums erlernte er den in der Sowjetunion entwickelten Kampfsport Sambo, was ihm als Soldat von großem Nutzen sein sollte.
Nach dem Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion wurde Efim Minkin mit seinen Kommilitonen zunächst bei der Anlage von Panzergräben eingesetzt. Auch nach der Evakuierung des Instituts von Moskau nach Leninabad (heute Chudschand, Tadschikistan) wurde es den Studenten verwehrt, sich zum bewaffneten Fronteinsatz zu melden. Efim Minkin bewarb sich trotzdem an einer Fliegerschule, wurde jedoch wegen Kurzsichtigkeit nicht angenommen. Nach einer Ausbildung in einem Militärlager in Tschebarkul im Ural wurde er im Herbst 1942 mit einer Marschkompanie an die Front nach Stalingrad geschickt. Bei einem Häuserkampf wurde er Ende 1942 schwer verwundet. Nach einem längeren Aufenthalt im Hospital in Uralsk kehrte er an die Front zurück und wurde einer Aufklärerkompanie zugeteilt. In der Folgezeit kämpfte er als Aufklärer in der Ukraine, in Bessarabien, Rumänien, Ungarn, der Slowakei und in Österreich. Herr Minkin überlebte viele schwierige und lebensgefährliche Situationen und bezeichnet sich selbst daher als „Glückspilz“.
Neben vielen weiteren Auszeichnungen und Medaillen wurden Efim Minkin alle drei Klassen des Ruhmesordens verliehen. Damit wurde er „Ritter des Ruhmesordens“ – die höchste militärische Ehre für Soldaten bis zum Rang des Unteroffiziers in der Sowjetunion. Allerdings erhielt er den Orden erster Klasse nicht, wie angekündigt, bei der Siegesparade in Moskau im Juni 1945, sondern erst mehrere Jahre später – es lässt sich nur spekulieren, inwieweit dabei Antisemitismus eine Rolle spielte. Seine Kriegserinnerungen wurden 1963 von dem Schriftsteller Konstantin Simonow aufgeschrieben und in dem Essay „Beschränkt tauglich“ veröffentlicht.
Nach seiner Demobilisierung studierte Efim Minkin am Institut für geologische Erkundung in Moskau und machte 1950 seinen Abschluss. Er nahm an diversen Expeditionen zur Vorbereitung von großen Wasserkraftwerk- und Kanalprojekten in der Sowjetunion teil. Mit seiner Frau Jelena bekam er eine Tochter und einen Sohn. Nach Promotion 1958 und Habilitation 1969 arbeitete er von 1969 bis 1992 als leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Wasserprobleme der Akademie der Wissenschaften der UdSSR. Unter anderem entwickelte er ein Verfahren zur Berechnung von nutzbarem Grundwasservorrat, die sogenannte Minkin-Formel.
1992 entschloss sich Herr Minkin aus medizinischen Gründen zur Auswanderung nach Deutschland und ließ sich mit seiner Familie in Köln nieder. Am 4. Oktober 2011 ist Efim Minkin in Köln gestorben.