Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Das kam zufällig, nicht beabsichtigt. Ich ging einmal am Konsulat vorbei, an der deutschen diplomatischen Vertretung in Kiew. Da stand eine Schlange und ich sah, das sind Juden. Ich trat an sie heran und fragte: „Was ist hier los?“ – „Wir reichen hier die Dokumente ein für die Einreise nach Deutschland.“ Ich reihte mich in die Schlange ein und bekam einen Termin, um Dokumente einzureichen.
  2. Dann wartete ich drei Jahre – zu lange – auf die Ausreise. In dieser Zeit absolvierte das Mädchen (die Tochter) die Mittelschule. Wäre ich etwas früher gekommen, hätte ich eine ganz andere Rente bekommen. So beziehe ich eine geringere Rente. Seit Mai 1996 wird eine geringere Rente ausgezahlt – an alle Russlanddeutschen und auch an mich. Und ich kam im Juni, nur einen Monat später.
  3. Ich gehöre zur deutschen Kultur. Das ist schon lange klar, und ich weiß und fühle es seit langem. Mein Hobby ist Deutschland und die Deutschen, ihre Mentalität, ihre Geschichte, ihre Literatur und ihre Kultur. Also alles, ich werde nicht alles aufzählen. Es ist mir angenehm, mit Deutschen zu sprechen.
  4. Ich spüre sehr viel von ihren seelischen Regungen, von ihrem Verhältnis zu den anderen und zur Kultur usw. Alles Deutsche interessiert mich sehr, das ist mein Hobby seit meiner Jugend. Ich habe schon erklärt, warum das so ist. Ich begann mit der Sprache und am Ende war es schon nicht mehr die Sprache. Und das, obwohl sie (die Deutschen) mir andererseits viel Leid angetan haben.
  5. Meine Eltern konnten mich nicht verstehen, als ich öffentlich sagte: „Ich habe ein gutes Verhältnis zur deutschen Kultur, ich bin ein Mensch der deutschen Kultur. Ich verneige mich vor Goethe und Heine.“ Und meine Eltern konnten das nicht verstehen: „Wie kannst du nur?“ Das war aber sehr einfach, menschlich. Ich denke, mich werden nicht nur die verstehen, die in Deutschland leben.