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Minsk wurde von den Deutschen bereits am sechsten Kriegstag besetzt. Am 22.6. brach der Krieg aus, und bereits am 28.6. waren die ersten deutschen Panzer in Minsk.
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Im Gegensatz zu Warschau und Polen wurde das Ghetto in Minsk relativ früh eingerichtet. Wie schon gesagt, Minsk wurde am 28.6. besetzt. Und bereits am 19.7. kam der Befehl auf Deutsch und Weißrussisch über die Errichtung des jüdischen Stadtteils, des Ghettos, es umfasste 46 Straßen und Gassen. Das war der Anfang des Ghettos.
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Die Geschichte des Minsker Ghettos geht mir immer nah. Ich beschäftigte mich viel damit. Für die Ghetto-Einrichtung wurde ein kleiner Stadtteil ausgewählt. In Minsk gab es noch viele alte Holzhäuser wie in einem Dorf. Der Stadtteil lag relativ weit weg vom Zentrum, nahe am Stadtrand. Den jüdischen Friedhof nicht mitgezählt, war er etwa 900 mal 800 Meter groß.
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Und da wurden 75.000 oder 80.000 Juden eingepfercht. Man schreibt, insgesamt wären 100.000 Juden im Minsker Ghetto gewesen, über die Zahl lässt sich aber streiten, sie ist ungefähr.
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Im Gegensatz zu Warschau und Lodz gab es da in der Zeit jedoch keine Namenslisten. Und zunächst wurde befohlen, wie in Warschau eine Steinmauer zu bauen.
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In Minsk waren die Häuser jedoch aus Holz, da wäre jede Menge Ziegel nötig gewesen. Und (das Gelände) wurde mit einer Stacheldrahtreihe umgeben. Wobei – das ist für das bessere Verständnis: Der Stacheldraht kam nicht gleich, sondern erst Ende August.
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Aber es war abgesperrt, man durfte nicht herein. Im Minsker Ghetto trug man keine Sterne, sondern gelbe Stoffstücke von 10 Zentimeter Durchmesser. Sie mussten vorne und am Rücken getragen werden.
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Es war verboten, das Ghetto unerlaubt und ohne Begleitung zu verlassen. Wenn jemand doch hinausging… Die Deutschen konnten Juden und Nichtjuden nicht unterscheiden, die Bevölkerung hätte aber (die Juden) verraten können.
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Dann wurde man zur Arbeit geführt.
Das Problem war: Man bekam fünf Tage für den Umzug in eine andere Wohnung, man durfte nur Sachen mitnehmen, die man tragen konnte.
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Und in der ersten Zeit gab es ein Problem mit der Unterkunft. Es war warm, und manche hausten auf der Straße. Es war noch gut, wenn eine Großfamilie in einem Zimmer wohnte. Da wurden mehrstöckige Pritschen aufgestellt, man schlief auf dem Boden und im Dachgeschoss.
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Denn es gab keinen Platz, es war furchtbar eng. Das Problem mit der Ernährung war zuerst leichter zu lösen. Man trieb Tauschhandel mit der Bevölkerung: „Nimm den Anzug, gib mir ein Brot und Speck.“
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Es wurde der Judenrat gegründet. Sie wissen das, in allen Ghettos und KZs gab es eine innere Selbstverwaltung. Die Deutschen und Polizisten hielten sich praktisch nie innerhalb des Ghettos auf. D.h. es gab einen jüdischen Dienst.
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Sie verwalteten das abgeriegelte Gelände und lösten alle Probleme auf Anordnung der deutschen Stadt- und Besatzungsbehörden.
Also, man ging arbeiten.
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Die erste Arbeiten, was war das? Die meisten Industriebetriebe in Minsk waren zerstört, da waren Fachleute vonnöten. Und traditionell war es so, dass die Juden Handwerker waren.
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Da waren nicht nur die Minsker Juden, sondern auch die Juden, die versucht hatten, aus Bialystok und Grodno zu fliehen. Sie blieben dann da stecken. Ihnen schien es, in einer Großstadt lässt es sich besser leben und verstecken. Da waren sehr viele Leute zusammengekommen und man ging arbeiten. Es wurde die sogenannte Arbeitsbörse eingerichtet.
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Was blieb mir aus der Zeit (in Erinnerung)? Dass wir nicht lange an einem Platz wohnen konnten. Wir schliefen mal da, mal da. Alles im Ghetto änderte sich ständig, man zog immer wieder um. Später verstand ich den Sinn der Bewegung. Damals war es mir nicht klar. Ich wusste nur, dass wir mal bei der einen, mal bei der anderen Tante wohnten.
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Ich wusste nur ihre Vornamen, nicht die Nachnamen. Allmählich war das Leben im Ghetto… Man bekam fünf Tage für den Umzug und eine Strafe zu zahlen: 300.000 Rubel und irgendeine Menge Gold mussten gesammelt werden. Und das Leben richtete sich allmählich – wenn es auch schlimm war – immerhin formell ein. Man richtete eine Zimmer ein, man konnte da schlafen.
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Dann begann man, die Kolonnen zur Arbeit zu führen. Wer arbeitete, bekam eine minimale Menge Lebensmittel. Später sah ich die Befehle: auszugeben sind 30 Prozent (der Ration) der weißrussischen Arbeiter. Also, man bekam wenige Lebensmittel und auch während der Arbeit etwas zu essen.