Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Das alles hier wird nicht bezahlt. Wenn ich Farben usw. kaufe, erstattet mir die Gemeinde das. Ich bringe die Kassenbons und bekomme das Geld zurück. Und alles, was wir machen, machen wir unentgeltlich. Geschenke usw., das alles machen wir unentgeltlich. So arbeite ich, ich bringe den Frauen bei, was ich selbst kann. Ich kaufe deutsche Bücher usw.
  2. Das alles hier, das bringe ich ihnen bei, auch Bilder malen. Bei jedem Treff des Frauenvereins bringe ich ihnen etwas bei, was man mit der Hand machen kann. Wir haben hier Nähmaschinen, und drei Frauen bei mir können nähen. Ich nähe auch, da ist meine Nähmaschine. Und die anderen nähen per Hand, ich zeige ihnen, was sie so machen können. Sie nähen nicht, aber sie wollen dabei sein und Unterhaltung haben. Denn wir sind ja nicht mehr jung.
  3. Ich arbeite montags von 10 bis 12 Uhr… Nein von 12 bis 14 oder 15 Uhr. So arbeiten wir hier und bereiten sozusagen Freude. Wie Sie sehen, sind das Geschenke, wir tun sie in Umschläge. Sie sind für den 9. (März) gedacht, für den Treff des Frauenvereins.
  4. Das fällt mit Purim zusammen, der beginnt am 8. Also, es ergibt sich, dass wir auch Purim feiern. Ich bin im Vorstand des Frauenvereins. Früher war eine Deutsche bei uns, sie starb. Nun sind nur die Russinnen da und sehr wenige Deutsche.
  5. Früher in den ersten Jahren kamen viele Deutsche, und jetzt sind so gut wie keine deutschen Juden dabei. Sie haben irgendwie wenig Kontakt zu uns und wir zu ihnen. Aber wenn wir uns treffen, sprechen wir auf Deutsch.
  6. Ich und meine Frauengruppe gehen in die (Religions-)Schule, um den Kindern etwas beizubringen. An den traditionellen Festtagen wird ihnen über (die Feste) erzählt. Und wir machen Handarbeiten für sie eben zu diesen Festtagen und spielen mit ihnen. Für sie ist es sehr interessant. Wenn sie mich mal sehen, fragen sie mich: „Wann kommen Sie zu uns?“ Das tun sie immer, für sie ist es interessant.
  7. Hierher kommen 32 Kinder. Zum Purim machte ich ihnen Geschenke, d.h. zu Chanukka. Wir legten Geld in Umschläge. Ich nähte Kippot für die Jungen und kleine Schürzen mit Spitzen für die Mädchen. Das schenkten wir ihnen und erzählten noch etwas.
  8. Ich fuhr noch nach Bad Sobernheim und Bad Kissingen zu Traditionskursen – für eine Woche oder drei bis vier Tage. Ich musste alle jüdischen Feste kennenlernen. Wir werden sozusagen herangeführt. (Leute) aus allen deutschen Städten haben da kreative Beschäftigungen: ein Gesangschor, Theaterstücke und Tanz. Und ich machte da Handarbeiten. Wir machten Kostüme, Zizit für die Hemden und Hüte. Das alles machten wir aus Karton, wir lernten es dort.
  9. In Bad Kissingen und Bad Sobernheim beschäftigte ich mich mit Basteln. Wir machten alle möglichen Karten usw. Und es kamen Leute aus Israel, die uns (an die Traditionen) heranführten. Ich lernte da alle Feste schon kennen, jedes Mal ging es um ein Fest. Nun reise ich nicht mehr dahin, denn es ist doch ziemlich weit weg.
  10. Wir versammeln uns samstags, meistens alte Leute. Die jungen Leute kommen am Freitagabend, da wird auch gebetet, man singt „Lecha Dodi“ usw. Freitags ist das Gebet kurz. Und samstags ist das Gebet lang, von 9.00 bis fast 11.30 Uhr. Wir schaffen aber alles, wir bitten Gott um Beistand, und wir wollen uns noch unterhalten.
  11. Samstags nach dem Gebet haben wir noch den Kiddusch. Wir setzen uns an die Tische, zuerst wird gesegnet und gegessen. Danach wird gesungen – Jiddisch mit russischen Buchstaben geschrieben. So können wir es lesen und mitsingen. Das dauert etwa bis 13.00 oder 13.30 Uhr. Das findet jeden Samstag statt. Wir kommen und dann werden die Tische gedeckt – für etwa 200 Personen.
  12. Ich kaufte (in Kiew) immer Matze, weil meine Mama vor dem Krieg Matze kaufte. Matze gab es bei uns immer. Auch in Kiew kaufte ich jedes Jahr Matze und aß eine Woche lang kein anderes Brot, genau wie hier. Ich esse die ganze Woche lang nur Matze.
  13. . In Kiew habe ich immer einen Platz (in der Synagoge) gekauft, wusste aber nicht, wo er ist. Denn wenn man in Kiew Matze kaufte, gab es eine allgemeine Schlange und eine für die Gemeindemitglieder.
  14. Ich war Mitglied, weil ich für den Platz gezahlt hatte, und so konnte ich Matze kaufen, ohne Schlange zu stehen. Ich zahlte in Kiew dafür, ging aber nicht dahin. Ich ging nur an Festtagen hin: Neujahr und Pessach. In Kiew waren so viele Leute, dass nicht alle in die Synagoge passten.