Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Die Deutschen hatten panische Angst vor einem möglichen Widerstand. Es war eine übliche Taktik, in Minsk war sie aber besonders ausgeprägt: Sie vernichteten die Leute, die potenziellen Widerstand leisten könnten, junge Männer.
  2. Und sie führten sogenannte Aktionen gegen Männer in Minsk durch. Am 14., 26. und 31.8.1941 wurden in Minsk Razzien gegen die Männer durchgeführt, die nicht arbeiteten und im Alter zwischen 16 und 50 Jahren waren. Sie wurden abgeholt, und so gut wie keiner von ihnen überlebte.
  3. Man nimmt an, in der Zeit wurden bis zu 5.000 Leute erschossen, der Ort ist unbekannt. Es ist eine Meldung überliefert: Bei der Aktion am 31.8. wurden etwa 1.000 Männer und 64 Frauen im Minsker Ghetto verhaftet. Frauen wurden deswegen verhaftet, weil sie die (gelben) Aufnäher nicht trugen, das war ein „Verbrechen“.
  4. Männer – weil sie Männer waren. Und die Frauen missachteten den Befehl, sie trugen die Aufnäher nicht – das Zeichen, dass sie Jüdinnen sind. Auch in der Stadt wurde kontrolliert, ob es getragen wird. Im Ghetto verblieben nun vorwiegend Frauen, Kinder und Alte.
  5. Der 7. November (1941) – Sie wissen, in der Sowjetunion war es das wichtigste Fest, der Tag der Oktoberrevolution. Wie allgemein bekannt, verübten die Deutschen Pogrome am Schabbat und an religiösen Festtagen oder an sowjetischen Revolutionsfeiertagen.
  6. Am 7. November umstellten sie einen Teil des Ghettos. Eine Straßenseite wurde gesperrt, auf der anderen konnte man frei gehen. Und alle in diesem Teil wurden aus den Häusern herausgejagt und in Kolonnen aufgestellt.
  7. Man erzählte, dass deutsche Wochenschau-Kameraleute da gewesen wären. Der 7.11. ist ein Feiertag. Die Leute bekamen rote Fahnen und gingen wie auf eine Demonstration.
  8. Man wollte zeigen: Die Juden sind so bolschewistisch und der Sowjetmacht treu, dass sie das Fest sogar im Ghetto feiern. Ich sah nie den Film, aber alle überlebenden Zeugen berichten darüber.
  9. Die Leute wurden dann eingesammelt und an den Stadtrand geführt. Da gab es früher Lehmgruben bei einer Ziegelei. Der Stadtteil hieß Tutschinka. Und (sie wurden) erschossen.