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Danach beschloss Papa Chodorkow zu verlassen. Seine Schwiegermutter mit den drei Enkeln, den Kindern aus Papas erster Ehe… Es waren die Töchter Dina und Sara und der Sohn Grischa. Sie und die Kinder wohnten dann in Kiew, sie war reich.
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Mein Papa zog nach Kasatin im Gebiet Winniza in der Ukraine, wo er meine Mama heiratete. Papa war vormals wohlhabend. Er war ja mit der Gutsbesitzerin verheiratet (gewesen). Außerdem erbte er etwas von seinem Vater. Sie waren nicht arm gewesen.
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Ich glaube, nach unseren Maßstäben gehörten sie zur Mittelklasse, wie man in unserem Geschichtsunterricht sagte. Also, er hat meine Mama geheiratet. Mein Vater verheimlichte, dass er als Gerichtsschreiber gearbeitet hatte. Wäre das bekannt geworden, so wäre sein Schicksal ungewiss gewesen.
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Da er in diesem Ort sehr geachtet wurde… Er half den Leuten in Chodorkow, Ersuche usw. zu schreiben. Er erhielt dann eine Bescheinigung, in der es hieß: „Er arbeitete 19 Jahre als Tagelöhner.“ Er legte die Bescheinigung bei seiner Arbeitstelle in Kasatin vor.
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In Kasatin arbeitete Papa lange als Revisor – ich glaube, bis 1940. Als er schon im Rentenalter war, übernahm er die Leitung eines großen Geschäfts. Er wurde sein Direktor.
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Meine Mama bekam vier Kinder: Die älteste Schwester Bronja wurde 1922 geboren. Polina wurde 1924 geboren. Der Bruder Shimon wurde 1926 geboren und ich, die jüngste, 1931. 1928, 1929 oder 1930 denunzierte jemand meinen Papa beim GPU. Was heißt GPU im vollen Wortlaut?
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Also, er hätte Goldmünzen gehabt. Bei ihm wurde eine Haussuchung durchgeführt. Papa gab nichts zu, er sagte: „Nichts.“ Aber sie fanden sie und nahmen alles weg. Er hatte dann keine Kopeke mehr, keine Existenzgrundlage. So war die Zeit damals.
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Als ich am 2.2.1931 geboren wurde, herrscht eine Kälte von minus 24 Grad. In der Wohnung war es auch kalt, es gab nichts zu heizen. Die älteren Kinder hatten Mäntel und Mützen an, weil es in der Wohnung sehr kalt war. In diese Wohnungskälte brachte der Papa die Mama aus dem Krankenhaus mit dem Neugeborenen.
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Ich wurde warm eingewickelt usw. Auf jeden Fall beeinträchtigte das meine Gesundheit. Bis zum zweiten Lebensjahr konnte ich nicht auf den Beinen stehen. Sprechen lernte ich sehr schnell und nahm alles wahr. Zu gehen begann ich erst mit zwei.
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Papa holte im Sommer Sand und schüttete ihn am Haus aus. Meine Beine wurden dann im heißen Sand gewärmt. Eines Tages lief das Schwein des Nachbarn nach draußen und rannte direkt auf mich zu. Wie durch ein Wunder hatte das jemand gesehen und mich gerettet. Sonst hätte es mich wohl schlimm gebissen.
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Ich schrieb sogar ein Gedicht über meine Rettung. Also, ich begann spät zu gehen. Jedenfalls war das Leben in der ersten Zeit sehr schwer. Denn mein Papa verdiente wenig, nur Groschen. Vor dem Krieg gab es mehrere Reformen, die das ganze Geld entwerteten. Hatte er etwas gespart, kam noch eine Reform und er hatte wieder kein Geld. So hatte Papa Pech im Leben.
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Als mein Vater aus Chodorkow nach Kasatin kam, hatte er noch Geld und kaufte ein großes Privathaus. Eine Haushälfte, drei Zimmer, richtete er zum Wohnen ein und die andere Hälfte war Nutzraum.
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Er züchtete dort ein Schwein, was ein gutes Einkommen einbrachte. Dank dieses Einkommens verbesserte sich die Lage unserer Familie, wir lebten vor dem Krieg gut. Am Vorabend des Krieges überlegte sich Papa, die zweite Haushälfte in Wohnungen umzubauen. Denn meine ältere Schwester war schon 18 Jahre alt, man musste an ihre Heirat denken und an eine Wohnung für sie.
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Bei uns war es üblich, dass der Bräutigam ins Haus der Braut kam. Und bei den Russen umgekehrt, glaube ich: Die Braut kommt ins Haus des Bräutigams. Also, es musste eine Wohnung her. Der Krieg kam aber dazwischen, Vater konnte das nicht mehr machen.
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Ich beendete vor dem Krieg die dritte Klasse. Ich hatte meine Freunde im Hof – wie alle in diesem Alter. Meine beste Freundin war Faina, wir waren in einer Klasse und unsere Wohnungen lagen gegenüber. Meine Kindheit war nicht schlecht. Dass ich nicht gehen konnte, gehörte inzwischen der Vergangenheit an. Wir spielten gewöhnlich im Hof oder bei uns zu Hause. Meine Kindheit war normal.
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Wir hatten keine materiellen Probleme, Papa versorgte uns alle. Meine Mama arbeitete nie. Übrigens stammte sie aus einer sehr armen Familie. Nach dem Tod ihres Vaters war ihre Mutter mit zehn Kindern alleine. Damals wurden viele Kinder geboren. Die Religion verbat die Abtreibung, so musste man Kinder kriegen. Von zehn Kindern waren neun Mädchen und eines ein Sohn.
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Sie waren sehr arm und hatten nur ein Paar gute Schuhe für alle. An Brot konnten sie sich nicht satt essen. Alle haben aber sehr gut geheiratet und lebten dann gut. Nach der Heirat unterstützte meine Mama alle ihre Schwestern. Denn mein Papa war damals wohlhabend. Ihm wurde erst 1929 oder 1930 alles abgenommen. Sie unterstützte immer ihre Schwestern, sie war sehr lieb und hilfsbereit. Papa sagte sogar manchmal: „Gibst du da etwa nicht zu viel?“ Sie sagte: „Fehlt dir etwas? Uns reicht es ja.“