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Wir kamen am Abend in Machatschkala an. Keiner wies uns natürlich eine Unterkunft zu. Wir gingen von Haus zu Haus und baten, da übernachten zu dürfen. Niemand wollte uns mit dem Kleinkind aufnehmen.
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Es war kalt und nass, deswegen behielt ich das im Gedächtnis, auch die gefrorenen Wasserpfützen. Es war bereits im November. Wir hatten nichts, auch nichts zu essen. Eine Frau hatte Mitleid mit uns, wir durften herein.
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Sie hatte eine Veranda, wir kamen da unter. Das Baby wurde gebadet. Mein Gott, wir hatten keine Wickel, keine Tücher geschweige denn Babykleidung. Also, das Baby war gebadet, sie gab uns zu essen. Am Morgen sagte sie aber: „Gehen Sie.“
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Wie haben Sie es als Kind erlebt? Ihre Eltern waren sicher sehr verzweifelt. War es für Sie sehr beängstigend? – Furchtbar. Ich war 5 Jahre alt und trotzdem erwachsen. Wissen Sie, ich fühlte mich wie eine Erwachsene, ich trug Verantwortung. Ging man zur Arbeit, musste ich auf die anderen Kinder aufpassen, mit meinen fünf Jahren.
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Die Kleinste hatte meine Mutter wohl immer bei sich. Die andere war zwei Jahre alt. Zusammen mit uns war noch meine Tante mit zwei Kindern.
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Machatschkala prägte sich in mein Gedächtnis ein. Das war Horror, da waren sehr viele Flüchtlinge. Am nächsten Morgen konnten wir keine Unterkunft finden. Jemand sagte, wir können in einem Kino unterkommen.
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Niemand half uns, nichts war organisiert. Wir kamen ins Kino, alle Stühle waren da geräumt, man saß auf dem Boden. Da war eine Unmenge an Menschen, es war nicht einfach sich hinzusetzen. Jemand rückte etwas zur Seite, keiner machte es gerne, weil alle verschreckt waren.
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Wir kamen in diesem Kino unter. Der Sohn meiner Tante wurde da krank, er war 4. Es war unvermeidbar: die Türen waren geöffnet, es zog, wir saßen auf dem Boden. Mein Vater ging arbeiten, alle suchten eine Arbeit, Waggons entladen usw.
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Dort ist die Ruhr ausgebrochen. Es waren viele Leute, täglich kamen andere dazu, viele wohnten draußen beim Kino. Ich weiß noch, ganze Familien mit Kindern saßen da, sie hatten die Ruhr. Sie, die Unglücklichen, durften nicht ins Kino rein. Ich dachte: „Mein Gott, wieso…“
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Dann wurde beschlossen, das Kino zu schließen, wegen der schrecklichen Seuchen: Ruhr, Typhus und andere. Wir wurden dann in einem anderen Kino untergebracht. Wir kamen da unter, dieser Junge (der Cousin) starb in diesem Kino. Er wurde in Machatschkala begraben.