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Täglich meldeten wir uns… Die Hauptsache war da, aufs Schiff zu kommen, um nach Mittelasien zu fahren. Da drängte sich eine Menschenmenge. Wir gingen nicht dahin, unsere Eltern wie alle Erwachsenen standen da in einer Warteschlange, kamen aber nicht an die Reihe.
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Vielleicht musste man jemandem Geld geben, wie es halt üblich ist. Wir hatten aber keins. Wir warteten mehrere Tage, kamen aber nicht aufs Schiff. Da verbreitete sich das Gerücht, die Flüchtlinge können nach Georgien evakuiert werden.
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Wir stimmten natürlich freudig zu: „Georgien!“ Wir fuhren dahin und dachten, da sei es warm und schön. In Georgien kamen wir in die Region Zichisdschwari, sie wird „Georgisches Sibirien“ genannt. Da lag Schnee, es war kalt.
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Da standen wenige Häuser. Es gab eine Farm, da waren Kühe, und wir bekamen manchmal Milch. Es war furchtbar, wir wohnten in einem kleinen Haus, in einer Blockhütte. Da wohnten auch andere Familien. Nachts kamen Wölfe und heulten am Fenster.
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Meine Mutter hielt eine Kerze ans Fenster, und sie gingen. In diesem Haus stand ein Blechofen, er wurde beheizt. Eines Abends heizten wir den Ofen und schliefen ein. Plötzlich… Es war in der Nacht, im Winter, vielleicht gegen 4 Uhr. Eine Frau klopfte an die Tür und sagte: „Das Haus brennt!“
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Es war unser Glück, dass sie gerade zur Arbeit auf die Farm ging. Sie hat uns gerettet. Meine Mutter nahm gleich das Baby. Das andere Mädchen, damals 2 Jahre alt, war sehr erschrocken. Meine Mutter ergriff noch das Köfferchen und lief nach draußen.
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Wir konnten nur wenige Sachen mitnehmen und herauslaufen. Das Haus verbrannte ganz, es war eine Blockhütte.
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Danach kamen wir in einen wirklich warmen Ort, nach Borshomi. Da wurden wir bei einer Georgierin untergebracht. Zunächst wohnten wir außerhalb der Stadt. Borshomi ist bekannt durch sein Mineralwasser.
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Unser Wohnort hieß Tschernaja Retschka. Die Frau war ein guter Mensch. Ich habe von den Georgiern den besten Eindruck. Treffe ich einen Georgier, betrachte ich ihn wie meinen Verwandten. Ja, ich habe ein herzliches Verhältnis zu ihnen, sie halfen uns so sehr.
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Diese Frau kümmerte sich um uns, brachte sogar Milch. Unser neugeborenes Mädchen hatte Keuchhusten. Ihr ging die Luft aus, unsere Mutter brachte sie nach draußen und schüttelte sie, damit sie nicht erstickt.
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Ich ging da sogar in den Kindergarten. Die Umstände in diesem Ort waren erträglicher und die Menschen waren sehr gut. Sie halfen uns, uns ging es besser. Mein Vater wurde da in die Armee einberufen.
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Also, wir wohnten bei dieser Frau. Danach wurden wir in einem Holzbau untergebracht, früher war da eine medizinische Schule. Eine Veranda war in Zimmer eingeteilt, es gab aber keine Heizung.
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Uns wurde ein Zimmer zugewiesen, da wohnten mehrere Personen. Da stand wieder ein Ofen, wir sammelten Holz im Wald. Wir sammelten auch Zweige und heizten das Zimmer.
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Die Wohnverhältnisse in diesem Holzbau waren sehr schlecht. Wir zogen in eine andere Stadt, Chaschuri. Borshomi ist zwar schön, aber wir hatten es da sehr schwer. In Chaschuri mieteten wir ein kleines Zimmer. Unser Vater war an der Front.
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Wir mussten hungern. Die kleine Schwester wachte morgens auf und sagte immer: „Ich habe Hunger, ich habe Hunger.“ Was interessant ist: Da waren polnische Juden. Das war noch während des Krieges, sie feierten aber mal eine Hochzeit. Ja, das war eine Hochzeit nach jüdischem Brauch mit einer Chuppa.
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Wir Kinder waren auch auf dieser Hochzeit, es hat uns sehr gefallen. Ich weiß nicht, ob es Sie interessiert: Wir Kinder waren fantasievoll, wir machten Theater.
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Wir spielten eine jüdische Hochzeit, das war Theater. Sie war die Braut, er der Bräutigam, wir spielten die Eltern. Wir riefen auch viele andere Kinder hinzu, wir machten eine Chuppa für unser Theater und alles, was möglich war.
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Ich wurde in Chaschuri eingeschult. Ich war natürlich wie eine Erwachsene. Alle gingen arbeiten… Mein Vater war nicht da, meine Mutter und Tante gingen arbeiten. Ich passte auf die Kinder auf, auch auf die Kleinste, sie war 2-3 Jahre alt.