Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Was konnte ich jetzt tun? Da ich gelernter Schlosser war… Als ich im Krankenhaus war, lernte ich einen Usbeken kennen. Ich konnte schon etwas Russisch, konnte mich verständigen. Ich sagte: „Ich möchte Arbeit finden.“ Er sagte: „Bei uns gibt es eine MTS, Maschinen- und Traktorenstation.“ Ich arbeitete ca. zwei Monate da. Auf dem Weg dahin ging ich am Kriegskommissariat vorbei. Das war bereits Ende 1941 oder Januar 1942.
  2. Ich dachte: „Warum soll ich in der MTS arbeiten?“ Ich ging zum Kriegskommissariat, da fragte man, was ich möchte. Ich sprach Russisch noch nicht besonders gut. Ich sagte: „Ich will zur Armee.“ – „Und warum sprechen Sie mit Akzent?“ Ich sagte, ich stamme aus Polen. – „Die Dokumente!“ Ich hatte keine. – „Wir können sie nicht einberufen.
  3. Wie alt sind Sie?“ Ich sagte „18“, obwohl ich damals kaum 17 war. „Nein, das geht nicht.“ Eine Woche später kam ich wieder dahin. „Warum stören Sie uns?“ Ich sage: „Ich will zur Armee.“ – „Wir berufen Leute wie Sie nicht ein. Wie alt sind Sie?“ Ich sagte „18“. – „Die Dokumente!“ Ich sagte, ich habe keine, weil ich noch keinen Pass bekommen habe.
  4. Beim dritten Mal sagte der Kommissariatsleiter: „Sie sind aber aufdringlich! Kommen Sie in zwei Tagen, wir berufen Sie ein.“ Zwei Tage später wurde ich registriert, bekam eine Essensration. Meine Eltern wussten noch nichts davon. Ich kam dann nach Hause und sage: „Wisst ihr was…“
  5. Ich rechnete in der MTS ab und kam in den Kolchos zu meinen Eltern. „Warum bist du hier?“ Ich sagte: „Ich will euch keinen Kummer machen, aber ich gehe zur Armee.“ – „Wie? Aus welchem Grund?“ Ich sagte: „Ich habe dieses Leben satt, ich kann es nicht mehr ertragen. Auf dem Boden schlafen, auf Zement…“ Ich hatte ein Brot bekommen und noch etwas, ich überließ alles den Eltern, da sie nichts zu essen hatten. Dann kam ich ins Kommissariat zurück, und mit einem Kommando fuhren wir nach Taschkent.