Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Meine ältere Schwester hatte einen Odessiten geheiratet und wohnte in Odessa. Mein Bruder zog auch nach Odessa um und wohnte bei der Schwester. Er hatte da geheiratet und Kinder.
  2. Er hatte aber Pech im Leben. Ich besuchte meine Schwester in Odessa während der Schulferien und lernte meinen künftigen Mann kennen. Ich hatte eine Freundin in Odessa, Sofa. Wir fuhren mal zum Arkadien-Strand und wollten eine Kutterfahrt machen.
  3. Wir reihten uns in die Warteschlange vor der Kasse ein. Ich fragte, wer der Letzte sei. Mein Mann sagte: „Ich.“ Ich fragte: „Werden die Fahrkarten schon ausgegeben?“ Er sagte: „Nicht ausgegeben, sondern verkauft.
  4. Überhaupt wird in Odessa nichts umsonst ausgegeben. In Odessa wird nur verkauft.“ Wir kauften die Fahrkarten und stiegen ein. Er kam zu uns, stellte sich neben uns und sprach mit mir und meiner Freundin.
  5. Wir kamen dann zum letzten Halt – Primorskij Boulevard, stiegen aus und fuhren mit der Seilbahn nach oben. Dann gingen wir zur O-Bus-Haltestelle. Meine Freundin und ich fuhren dann in verschiedene Richtungen.
  6. Er lief mir nach, begleitete mich nach Hause und bestimmte ein Treffen. So lernten wir uns kennen. Wir trafen uns sechs Monate lang, er besuchte uns und ich ihn. Im Januar 1963 schlossen wir unsere Ehe.
  7. Mein Mann und ich bekamen die Tochter Galina. Ich nannte sie nach meiner Mutter, bei uns war es üblich, die Kinder nach den Verstorbenen zu nennen.
  8. Da Mama nicht mehr lebte, nannte ich die Tochter Golda. Das ist jüdisch, offiziell hieß sie Galina, wie meine Mama. Mama war sehr gut, wir liebten sie sehr. Ich widmete ihr ein Gedicht.
  9. Mein Papa heiratete nicht mehr, obwohl wir das wollten. Er sagte: „Ich kann euch keine zweite Mama finden.“ Er blieb Witwer bis zu seinem letzten Tag und wohnte bei mir.