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Nun nähern wir uns der Zeit, als Stalin starb. Und ich möchte noch etwas über die Situation und Atmosphäre in unserer Familie erzählen.
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Einige dachten: „Alles wird richtig gemacht, alles ist gut.“ Das war ja der Revolutionsenthusiasmus: „Die Revolution ist zum (allgemeinen) Wohl.“ Er war im Herzen vieler Menschen lebendig und sie glaubten aufrichtig.
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In unserer Familie gab es so etwas jedoch nie. Denn ein Bruder war im Ausland. Der zweite, der Vater, saß zwei Jahre im Gefängnis, sprach dort mit Menschen und sah, was passierte, wie die Menschen behandelt wurden usw. Ihm war das alles bewusst, unserer Familie war das immer bewusst.
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Wenn gute Freunde uns besuchten, sprach man darüber. Politik war von Interesse, auch ich interessierte mich für Politik seit meiner Kindheit. Mein Alter war eigentlich für Politik nicht geeignet, wir lebten aber in beengten Verhältnissen, in einem Zimmer. Und ich war immer dabei.
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Ich war zwischen zehn und 13 Jahre alt und saß mit dabei, wenn Gespräche geführt wurden. Man besprach u.a. die Frage: „Was kommt nach Stalin?“
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Ich sagte da: „Wie was denn? Es gibt ja Molotow, er wird ernannt.“ Ich war ein Junge, zwölf Jahre alt. Ein Freund des Vaters sagte: „Wie? Molotow, dieser Mörder? Seine Hände sind blutbeschmiert.
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Dieser Bandit soll ernannt werden?“ Wissen Sie, ich lebte mit diesen Gesprächen über blutrünstige Mörder, so war es in unserer Familie. Das waren Vorstellungen, mit denen ich lebte.
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Keiner sagte mir etwas, ich begriff es von selbst: Außerhalb des Zimmers halte den Mund! Das war auch so klar. Solche Menschen gab es wohl und zwar ziemlich viele.
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Und ich weiß noch: Am Tag, als Stalins Tod bekannt gegeben wurde, war bei uns im Institut gerade ein Seminar für „Grundlagen des Marxismus-Leninismus“ eingeplant. Es hielt eine Frau.
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Da (Stalins Tod) schon am Vorabend bekanntgegeben worden war, wollte sich kein Student vorbereiten: „Wenn so etwas los ist, werden wir nicht befragt. Wir müssen uns auf das Seminar nicht vorbereiten.“ In dem Seminar musste man ja etwas erzählen und vorher musste man etwas lesen.
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Also keiner hatte sich vorbereitet. Dann begann der Unterricht überraschend, damit hatte keiner gerechnet. Die Hochschullehrerin kam, ihr Gesicht war verweint: „Nun, wer will reden?“ – Stille wie im Grab. Alle saßen da und keiner hob die Hand. Denn keiner war für das Seminar vorbereitet.
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Sie schaute die Studenten so an und plötzlich liefen ihr die Tränen herunter, sie tropften nur so: „Wie können Sie nur an so einem Tag... Sie…“ Sie konnte kaum ein Wort aussprechen. Es war klar, die Lage musste gerettet werden, eine Katastrophe drohte. Ich hob die Hand: „Darf ich?“
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Alle atmeten erleichtert auf: „Komm!“ Und ich stand auf. Eine Lehrstunde dauert 40 Minuten und ich redete 40 Minuten zum Thema, bis die Glocke schellte. Ich und meine Freunde spielten so ein Spiel – einige Minuten lang über ein uns völlig fremdes Thema zu sprechen
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Also denke nach und mach einen Bericht zu einem beliebigen Thema, z.B. „Gibt es Leben auf dem Mars?“ Wir waren darauf vorbereitet. Das ist natürlich Bla-bla-bla, aber man muss so reden können. Das war in diesem Lehrfach notwendig.