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Unsere Rettung kam über die „Straße des Lebens“. Das war der kürzeste Weg zwischen dem West- und dem Ostufer des Ladogasees. LKWs transportierten Lebensmittel, vorrangig aber für die Frontsoldaten, denn die hungerten auch.
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Und natürlich wurden auch Waffen über den Ladogasee geliefert. Übrigens, in Leningrad gab es das sogenannte Kirow-Werk, da wurden Granaten und Panzer produziert. Es lag ca. 4 km von der vorderen Frontlinie entfernt.
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An dieser vorderen Stellung, bei Schuschary, fiel mein Cousin. Er wurde nicht gleich getötet, sondern mehrmals verwundet und verblutete dann.
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Er war einer meiner Cousins. Er war 19, Unterleutnant. Solche Unterleutnants wurden schnellstens, binnen weniger Wochen ausgebildet.
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Dann tauchten Lebensmittel auf: D.h. am 15. Januar wurde unsere Brotration auf 150 g hoch gesetzt, für nichtarbeitende Erwachsene, Kinder und Angestellte.
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Die Arbeiter bekamen 250 g, wobei das Brot echt aussah, es war aus Mehl gebacken. Obwohl es etwas mehr Brot gab und zwar echtes Brot, starben die Leute weiter.
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Die meisten Toten waren Männer, das hat mit der Physiologie von Frauen und Männern zu tun. Männer mit normaler Konstitution haben keine Fettreserven, und Frauen haben sie.
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Deswegen starben vor allem die Männer. Mein Vater sagte zu meiner Mutter: „Halte durch, im Frühjahr werden die Frauen sterben.“
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Ende Januar gingen die Wasserleitungen der Brotfabrik kaputt. Die mobilisierten Schülerinnen aus den oberen Klassen und die Abiturientinnen… Also Mädchen, die 16-17 Jahre alt waren, schleppten die Eimer mit Newa-Wasser, reichten sie in der Kette weiter bis zur Brotfabrik.
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So konnte Brot gebacken werden. Das Brot wurde aber an die Front geliefert, wir bekamen nichts im Laufe der (ersten) drei Tage.
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Erst am dritten Tag kam ein Gerücht auf, dass Brot in einige Brotgeschäfte gebracht wird.
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Das Leiden der Leningrader ging damit nicht zu Ende. Denn die Lebensmittelkarten für Februar wurden nicht in nötiger Menge gedruckt, und wir erhielten sie nicht.
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Man muss noch erwähnen, dass es erlaubt war, Brot für den nächsten Tag zu kaufen. Daher hatten die Leute schon am letzten Januartag kein Brot mehr, weil es mit der Karte für den 1. Februar zu kaufen war.
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Wir wurden von unserem Vater unterhalten, obwohl er in der Zeit nicht mehr arbeitete. Er musste aber die Lebensmittelkarten auf seiner Arbeitsstelle holen.
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Der Vater nahm seinen Gehstock. Das war zwei Tage später, nachdem die gedruckten Karten da sein sollten, wohl am 3. Februar 1942. Die Mutter schickte mich mit. Wir gingen los, das waren zehn oder zwölf Straßenbahnhaltestellen.
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Uns fiel es sehr schwer, besonders meinem Vater. Wir gingen am Hospital vorbei, in dessen Park die gestapelten Leichen lagen, in Decken eingenäht. Die Leichen wurden da gesammelt, um sie später zum Piskarjowka-Friedhof zu transportieren, wahrscheinlich.
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Mein Vater blieb da stehen, schaute hin und schüttelte den Kopf. Ich erriet seine Gedanken und schleppte ihn weiter: „Komm!“ Wir kamen zu seiner Arbeitsstelle und erhielten die Karte.
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An den Rückweg kann ich mich nur ungefähr erinnern. Wir kamen nach Hause und die Mutter ging Brot kaufen.
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Vorher, Ende Januar war es so: Gab es Brot im Geschäft, musste man da anstehen, die Warteschlangen waren gewaltig, da sammelten sich Leute, die mehrere Tage kein Brot gehabt hatten. In unserer Nähe waren drei Brotgeschäfte.
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Die Mutter ließ mich in zwei Geschäften anstehen, da ich im Vergleich zu ihr schneller gehen konnte. Die Mutter stand in einem anderen Geschäft an. Sie hatte Angst, mich alleine gehen zu lassen, da in der Zeit schon Kannibalismus vorkam.
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Sie überwand aber ihre Angst und ließ mich gehen. Ich stand in zwei Geschäften an, in einem kam das Gerücht auf: Bald wird Brot geliefert. Es wurde schon dunkel. Ich ging schnellstens zur Mutter und flüsterte es ihr ins Ohr, keiner sollte es mitkriegen. Denn wir wären von der Menge, die zum anderen Geschäft lief, einfach niedergetrampelt worden.
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Die Mutter und ich gingen hin und standen in der Warteschlange an. Ganz spät lieferte ein LKW Brot. Das Brotgeschäft war überfüllt, der Rest blieb draußen stehen; ich weiß nicht, wie es ihnen erging. Sie klopften an die Tür, wurden aber nicht eingelassen. Alle drin erhielten Brot, es war ca. 2 Uhr nachts. Wir gingen durch die Gasse nach Hause. Meine Mutter fragte: „Was, wenn uns das Brot entrissen wird?“ Ich sagte: „Ich gebe es auf keinen Fall ab.“