Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Aber dann begann das Jahr 1937. Eines Tagen kamen die Leute in unser Haus und verhafteten meinen Vater. Er wurde zum „Volksfeind“ erklärt. In einem Getreidespeicher tauchten Kornkäfer auf, die das Getreide fraßen. Daher hieß es: „Revniaga ist ein Volksfeind, der das Getreide vernichten wollte.“
  2. In der Zeit konnte ich kaum auf die Straße gehen, denn man sagte über mich: „Da geht die Tochter des Volksfeindes.“ Die Zeit war schwer. Obwohl ich Kind war, nahm es mich mit.
  3. Und wir warteten: „Vielleicht wird der Vater freigelassen?“ Er wurde freigelassen, aber anderthalb Jahre später. Er erzählte, dass er dank des Sekretärs des Kreisparteikomitees freigelassen wurde.
  4. Der hatte ihn sehr geachtet und sich für seine Freilassung eingesetzt: „Er trägt keine Schuld.“ Also, der Vater war frei, wir verließen Nemirow und zogen nach Winniza.
  5. In Winniza besuchte ich die sechste, siebte und achte Klasse in der ukrainischen Schule. Die einzige russische Schule in der Stadt war weit weg. Damals lernten alle auf Ukrainisch. So kann ich außer Russisch auch perfekt Ukrainisch. Wenn ich so Deutsch beherrschen würde, wäre ich glücklich.
  6. In Winniza wohnten wir in einem Zimmer, im Zimmer nebenan wohnten die Nachbarn, das war eine Gemeinschaftswohnung. Alle waren aber sehr freundlich. Vor dem Krieg waren alle Leute im Grunde freundlich und wohlwollend, es gab keinen Streit. Ich fühlte mich dort sehr wohl und hatte viele Freundinnen.