Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Wir kamen 1995 hierher, und zwei Jahre vorher war meine Schwester nach Israel gegangen. Sie war aber nicht alleine. Noch früher wanderte mein Neffe aus, zusammen mit seiner russischen Frau, Sascha.
  2. Ihre russische Mutter blieb in Cherson zurück. Sie wollten, dass die Mutter zu ihnen kommt. Aber wie sollte das gehen, eine Russin nach Israel, das war anscheinend nicht möglich. Und sie beschlossen, diese Mutter Tonja mit meinem Vater zu verheiraten. Mein Vater war bereits 98, und Tonja ist in meinem Alter.
  3. Einen Monat vor der Abreise haben sie die Ehe geschlossen, damit sie als Frau eines Juden dahin kommen und eine Aufenthaltserlaubnis in Israel bekommen konnte. So wurde mein Vater mit fast 98 nach Israel gebracht.
  4. Mein Vater war „verdienter Rentner der Sowjetunion“, seine Rente war höher als bei allen anderen. Er hatte ein ausgezeichnetes Gedächtnis und konnte noch gut reden. Nur gehen konnte er schlecht. Wenn er in Cherson bei mir geblieben wäre, wäre er bestimmt 100 geworden.
  5. Er wurde aber nach Israel mitgenommen, wo die Umstände ganz anders sind. Er kam in eine andere Wohnung und starb vier Monate später. Sein Grab ist da. Wenn ich nach Israel komme – ich war schon vier Mal da –, besuche ich vor allem das Grab meines Vaters.
  6. Da steht ein großer Grabstein. Immerhin ist er in seiner historischen Heimat begraben worden. Und meine Mama starb mit fast 94 und ist in Cherson begraben worden.
  7. Die Freundin meiner Tochter kümmert sich um das Grab. Ich war auch zweimal da und auch meine Tochter. Mein Sohn war vor Kurzem wieder in Cherson. D.h. Mamas Grab ist unter Aufsicht.
  8. In Israel war ich also viermal – ein Mal zu meinem Jubiläum, als ich 75 wurde. Und dreimal zum Jubiläum meiner Schwester und an ihren Geburtstagen.
  9. Sie hat ihren Geburtstag am 25.10. und ich am 29.10.; so können wir den Geburtstag zusammen feiern. Sie ist zwei Jahre älter als ich.