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Ich habe noch nicht erzählt, dass meine Mutter ihrer Schwester (nicht nur) sagte: Sie hoffe, dass sie mich retten könnte. Sie sagte außerdem: „Ich will meine Tochter nicht sterben sehen. Und ich will nicht, dass sie ihre Eltern sterben sieht. Deswegen will ich nicht zusammen mit ihr weggehen.“
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So ergab es sich dann. Aber – in Slobodka konnten wir uns bewegen, und wir gingen jeden Tag uns die Gruppen ansehen, die abtransportiert wurden. Wir wollten die Verwandten sehen und sahen sie. Ich sah meine Eltern, der Onkel seine Eltern. Er hielt es nicht aus und rief: „Mama! Papa!“ Sie schauten sich aber nicht um, um ihn nicht zu gefährden.
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Und sie schubsten sogar meine Mutter. Sie gingen hintereinander. So konnte ich nur ihren Rücken sehen. Der Vater hinkte. Das war es, ich sah sie das letzte Mal. Ich habe keine Angaben dazu, aber ich denke, dass mein Vater noch unterwegs erschossen wurde. Alle alten Leute, die nicht mitgehen konnten, wurden erschossen. Manche legten sich von selbst in den Schnee, um zu sterben.
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Später hat mir eine Frau Folgendes erzählt, ich weiß nicht, ob das wahr ist. Sie hätte meine Mutter in Domanewka gesehen. Sie hätte alleine draußen gestanden und wollte eine Jacke gegen Brot tauschen. Sie saßen dort einige Tage. Und ein russischer Polizist, ein Dorfbursche, hätte sie erschossen.
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Die Frau hätte sogar gesehen, wie sie in den Hof geschleppt und gleich ausgezogen worden wäre, um sich Klamotten zu besorgen. Sie hatten ja Hunger. Ob es so oder anders war, das weiß ich nicht. Jedenfalls wurden die Gruppen dann weiter ins Dorf Bogdanowka getrieben. Dort gab es Massenerschießungen von Juden. Dort gab es Gräben, und sie wurden dort erschossen.