Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Zum ersten Mal wurde ich bei Kursk verwundet, ein Beinsteckschuss. Danach hatte ich eine sehr schwere Quetschung. Und bei Isjum wurde ich hier getroffen, die Ärzte sagten, es sei ein Streifschuss. Na gut, dann eben ein Streifschuss. Ich wurde dann entlassen. Ich kam nach Dschambul, wo meine Eltern wohnten. Wir alle fuhren auch diesmal zusammen mit dem Hospital im umgebauten Güterwagen nach Hause. Unterwegs sah ich schreckliche Bilder, alles war ausradiert, die Häuser zerstört. Wir kamen nach Isjum, setzten neue Fensterscheiben ein und waren wieder zu Hause. Damals war ich ganze 20 Jahre alt. Nach all dem Erlebten war ich erst 20.
  2. Ich kehrte nach Isjum zurück und wurde wieder in die Armee eingezogen. Ich wurde schon mal entlassen, vom Dienst befreit und dann wieder eingezogen. Ich kämpfte wieder, bis ich sehr schwer verwundet war, eine Kugel blieb in meiner Wirbelsäule stecken. Ich achtete nicht darauf, meinte, es sei ein Streifschuss. Ich habe dann 1946 geheiratet, meine Frau war Medizinstudentin. Wir kamen uns näher und haben dann geheiratet.
  3. Wir wurden (wieder) eingezogen. Ich arbeitete in einem Hospital, wir wohnten in einer Militärsiedlung. Ich ging mal eine vereiste Treppe runter, fiel auf den Rücken und konnte mich nicht mehr aufrichten. Ich bekam gleich eine Kur in Jejsk verschrieben. Ich wurde da krank und verbrachte den ganzen Urlaub im Hospital, die Ärzte waren ratlos. Seit Kurzem gab es Penicillin, ich bekam Spritzen. Danach ging es mir etwas besser.
  4. Mein behandelnder Arzt war Oberst Kurylenko. Er ließ mich röntgen und entdeckte die Kugel. „Wie konntest du bloß überleben, sie hat ja alles durchgeschlagen!“ Ich sagte: „Ja, ich werde auch weiterleben.“ Da war noch ein Deutscher, Professor Schäfer. Er kam zu mir und fragte: „Willst du leben? Dann steh auf!“ Ich konnte aber nicht, meine Beine versagten. „Steh auf!“ Er richtete mich auf und ich begann ganz langsam zu gehen, ich war wieder da.
  5. Nach dem Aufenthalt im Hospital wurde ich endgültig vom Dienst befreit: Schussverletzung der Wirbelsäule mit ausgeprägtem Rückenmarkschaden. Ich wurde entlassen.