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Er war 1934 aus der Partei ausgeschlossen worden, Gott sei Dank. Denn alle seine Freunde wurden 1937 erschossen. Er wurde 1934 ausgeschlossen wegen Sympathien für Trotzki.
Das waren eigentlich keine Sympathien... Er war damals Kommandeur an einem Grenzposten. Damals waren die Grenztruppen der WTschK untergeordnet, so hieß der Geheimdienst. Und er sagte zu seinem Freund: „Warum wird Lew Davidowitsch (Trotzki) abgeschoben?“
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Meine Mutter erzählte mir übrigens, dass sie seinerzeit nur von Lenin und Trotzki hörte. Keiner wusste damals, wer Stalin war. Mein Stiefvater sagte also: „Warum wird den Leuten nichts erklärt?“ Trotzki wurde über Odessa abgeschoben, man bekam das mit. Sein Freund denunzierte ihn, und der Stiefvater wurde zweimal verwarnt. 1934 wurde er als „Trotzki-Sympathisant“ aus der Partei ausgeschlossen.
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Das war aber sein Glück, denn sonst wäre er auch tot. Und so blieb er am Leben. Er verließ die Sicherheitsorgane und ging zur Flotte und tat da viel Gutes.
Für ihn war es natürlich eine heftige Erschütterung. Er war ja sehr jung, als sein Bruder ihn für die Revolution gewann. Er kam aus dem Waisenhaus und war dann Schiffsmaschinist.
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Sein Bruder hatte keine Ausbildung, war aber ein kluger Kopf. Er trat der bolschewistischen Roten Garde bei und war dann Generalstaatsanwalt im Gouvernement Odessa. Das war Anfang der 1920er-Jahre, während des Bürgerkrieges und all dieser Unruhen. Mein Stiefvater hatte nicht so viel drauf wie sein älterer Bruder Sawwa. Aber er tat immer, was Sawwa sagte.
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Unser Nachbar brachte seinem Sohn ein Fahrrad aus Deutschland mit. Der Bruder meines Stiefvaters war auch in Deutschland, seine vier Kinder waren vom Hunger aufgeschwemmt, das weiß ich ganz genau. Er brachte aber nur eine Lederaktentasche mit, er war Anwalt.
Ja, so eine Familie war das. Das waren Menschen von besonderem Schlag, was kann man noch sagen.