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Ich wohnte zunächst bei der Familie meines Onkels. Ich war aber sehr hungrig, und sie hatten zwei Kinder. Ich konnte da nicht bleiben. Immerhin hatte ich vier Studiensemester hinter mir – ich ging zur regionalen Bildungsbehörde und bat, mich in einen „satten“ Kreis zu schicken.
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Da gab es zu wenig Lehrer; in Sibirien war das (ja) ein Männerberuf. Man fragte, ob ich bereit bin als Schuldirektorin zu arbeiten. Direktorin schon mit 20, ich war natürlich einverstanden. Ob ich es kann, war mir egal, ich fuhr an die Grenze zur Republik Tuwa.
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Das war ein langer Weg dem Fluss Jenissej entlang, über Abakan und Minussinsk. Dann kam ich nach Jermakowskoje und fuhr noch 86 Kilometer weiter mit den Pferden. Da war ich. Die Frau, bei der ich wohnte, sagte: „Was bist du denn für ein Weib? Ich nähe eine wattierte Hose für dich.“ Weil ich so (mager) aussah.
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Meine Rettung war, dass der ehemalige Direktor verletzt von der Armee zurückkam. Man wollte mich als Direktorin an eine andere Schule schicken, ich sagte: „Nein, das geht nicht aus gesundheitlichen Gründen, ich war in der Blockade. Ich muss da sein, wo es Ärzte gibt.“ Und die Ärzte gab es nur in zwei großen Dörfern, nicht in anderen.
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Das eine war das Landkreiszentrum Jermakowskoje, da waren aber die Lehrerstellen komplett besetzt. Und das andere – damals noch kein Landkreiszentrum, heute schon –, das war Schuschenskoje, wo Lenin in der Verbannung lebte. So kam ich nach Schuschenskoje. Ich unterrichtete da Literatur und Mathe in der 5., 7. und 10. Klasse. Da gab es keinen Mathelehrer, und ich konnte noch einiges.
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Schuschenskoje war eine interessante Lebensepisode. Alles da war natürlich mit Lenin verbunden. Es gab zwei Kolchosen: den Lenin-Kolchos und den Krupskaja-Kolchos. Es gab zwei Schulen: die Lenin-Mittelschule und die Krupskaja-Grundschule.
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Die Kirche wurde in den 1930er-Jahren abgerissen, an ihre Stelle baute man einen langgezogenen Schuppen, er hieß Wladimir Iljitsch Lenin und Nadeshda Konstantinowna Krupskaja-Klub. Also: zwei Kolchosen und dazu ein Museum. Ich wurde gleich zur Komsomolleiterin im Dorf gewählt.
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In dieser Zeit erhielt ich einen Brief von meiner Mutter. Sie wurde als Invalidin freigelassen und wollte zu mir fahren. Ich schrieb ihr, sie darf keinesfalls in diese Gegend kommen, wir ziehen weit weg von hier, ich mache alles, um hier wegzukommen und sie mitzunehmen. Befreundete Ärzte bescheinigten mir, dass ich krank sei.
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Denn nur die Behörde in Krasnojarsk konnte mir erlauben wegzugehen. Während des Krieges war es nicht erlaubt zu kündigen. Die Unterlagen wurden nach Krasnojarsk geschickt, ich erhielt eine Antwort und ging dann fort. Ich wollte in dieser Region nicht mehr bleiben und kam nach Nowosibirsk.